Wie kürzlich auf unserem Blog berichtetet, werden Prävention und Bekämpfung von Geldwäsche auf europäischer Ebene aktuell intensiv diskutiert. Nach der Veröffentlichung eines umfassenden Gesetzespakets durch die EU-Kommission am 20. Juli, liegt es nun in der Verantwortung des Rats der Europäischen Union und des Europäischen Parlaments.
Im Europäischen Parlament werden – wie schon bei Überarbeitungen der vorherigen Anti-Geldwäscherichtlinien – alle vier Gesetzesvorschläge in einem gemeinsamen Verfahren des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON) und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) behandelt. Allerdings steht sowohl die finale Bestätigung des gemeinsamen Ausschusses als auch die Veröffentlichung der zuständigen LIBE-Berichterstatter nach wie vor aus. So hat im EU-Parlament auch bis dato weder eine gemeinsame Aussprache zu dem Geldwäschepaket stattgefunden, noch steht sie auf der Tagesordnung. Dennoch stehen einzelne Abgeordnete in den Startlöchern und befassen sich schon jetzt sehr engagiert mit der Thematik.
Im Rat der EU verhält sich die Sache deutlich anders. So sind die Verhandlungen auf Arbeitsgruppenebene bereits sehr weit fortgeschritten, wie aus einem uns vorliegenden Fortschrittsbericht hervorgeht. Sämtliche Gesetzesvorschläge gelten als jeweils zur Hälfte durchgesprochen, wobei allerdings viele Themen unter den Mitgliedsstaaten noch strittig sind und weiterer Verhandlung bedürfen, im Zweifel auf höherer politischer Ebene.
Untenstehend eine Zusammenfassung einiger relevanter Themen, die im Rat bereits diskutiert wurden:
Verordnung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
Zum Hintergrund: Die vorgeschlagene Verordnung sieht unmittelbare und EU-weit einheitlich geltende Geldwäscheregelungen vor. Insbesondere Bestimmungen, die Verpflichtete betreffen, werden aus der fünften Richtlinie zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aus dem Jahr 2018 in die Verordnung überführt. (Nähere Informationen im Bernstein Blog.)
Harmonisierung
Die Mitgliedsstaaten befürworten Harmonisierung und die Beibehaltung eines risikobasierten Ansatzes, wobei einige die Möglichkeit vorziehen, strengere nationale Regelungen zu Geldwäsche und Terrorfinanzierung zu ermöglichen. Hier könnten also potenziell zusätzliche Pflichten auf Unternehmen zukommen.
Anwendungsbereich und Bargeldobergrenze
Anfangs fokussierten sich die Verhandlungen im Rat auf die vorgeschlagene Obergrenze von 10.000€ für Bargeldtransaktionen. Wie wir berichteten, werden zugleich auf der anderen Seite Güterhändler – mit Ausnahme von Kunst- und Edelmetallhändlern – aus dem Anwendungsbereich der Geldwäscheregeln gestrichen.
Der geänderte Anwendungsbereich in Kombination mit der Bargeldobergrenze bedeutet konkret: Sonstige Güterhändler, darunter z.B. solche für Fahrzeuge, Antiquitäten, Elektronikartikel, unterlagen bisher nur für Transaktionen ab 10.000€ Euro der Geldwäscheregulierung; würde nun eine Barzahlungsgrenze entsprechend ebendiesem Betrag eingeführt, fielen sonstige Güterhändler damit gänzlich und automatisch aus der Geldwäscheregulierung heraus.
Im Rat wurde nun diskutiert, inwieweit Mitgliedsstaaten zusätzliche Sektoren auf nationaler Ebene verpflichten können oder ob weitere Händler hochwertiger Güter EU-weit in den Verpflichtetenkreis aufgenommen werden sollen. Hierzu besteht weiterhin Uneinigkeit zwischen den Mitgliedstaaten.
In seinen Positionspapieren zum EU-Geldwäschepaket und den Koalitionsverhandlungen sieht der Bundesverband der Geldwäschebeauftragten e.V. (BVGB) die Entpflichtung der Güterhändler in Zusammenhang mit der Barzahlungsobergrenze als sehr kritisch: „Die Bargeldobergrenze allein löst die Probleme in der Geldwäschebekämpfung nicht.“ Der Verband spricht sich daher für klare Regeln für Güterhändler aus.
Die Barzahlungsobergrenze spielt in der öffentlichen Debatte der meisten Mitgliedstaaten entweder keine Rolle oder genießt Zustimmung. Die einzigen deutlichen Gegenstimmen kamen zuletzt aus Österreich und Deutschland. Ob sich Deutschland allerdings einer Barzahlungsobergrenze in den Ratsverhandlungen tatsächlich widersetzen wird, hängt von dem zeitnah erwarteten Koalitionsvertrag ab. Ob indes eine Obergrenze auch auf EU-Ebene verhindert werden kann, bleibt fraglich.
Sorgfaltspflichterfüllung
Verhandler aus einigen Mitgliedsstaaten werfen die Frage auf, ob es unter dem aktuellen Vorschlag möglich sei, strengere Sorgfaltspflichten für ausgewählte Sektoren oder Verpflichtete einzufordern. So wird bspw. eine zusätzliche Klarstellung zur Verwendung von Informationen aus unabhängigen und zuverlässigen Quellen zur Überprüfung der Kundenidentität diskutiert.
Hinsichtlich digitaler Identitätssysteme und deren notwendiger Konformität mit der Verordnung über elektronische Identifizierung (eIDAS) schlagen andere nationale Vertreter vor, den Wortlaut der Fünften Geldwäscherichtlinie (AMLD5) wiederherzustellen, um die Verwendung gleichwertiger Lösungen zu ermöglichen. Eine Harmonisierung in diesem Bereich ist insbesondere – aber nicht ausschließlich – für den Finanzsektor relevant, der bereits heute umfänglichen Sorgfaltspflichten unterliegt.
Verordnung zur Einrichtung einer neuen EU-Aufsichtsbehörde (Authority for Anti-Money Laundering and Countering the Financing of Terrorism – AMLA);
Zum Hintergrund: In dem Vorschlag werden Aufgaben zur Überwachung von Geldwäschebekämpfung aus dem Kompetenzbereich der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und der Europäischen Zentralbank (EZB) herausgelöst, erweitert und der neuen AMLA entsprechend zugeordnet. Vorgesehen ist, dass die AMLA in ihrer Zuständigkeit sowohl nationale Behörden koordiniert als auch mit einer indirekten Aufsicht im Finanz- und Nichtfinanzsektor und einer direkten Aufsicht im Hochrisiko-Finanzsektor betraut wird. (Nähere Informationen im Bernstein Blog.)
Aufgaben und Kompetenzen
Zwischen den Mitgliedstaaten besteht Uneinigkeit darüber, ob die vorgeschlagenen Aufgaben zu einer Überforderung der AMLA führen könnten oder ob weitere Aufgaben zum Erlass von technischen Regulierungsstandards hinzuzufügen sind. Einige Mitgliedsstaaten sprechen sich deshalb dagegen aus, dass die AMLA verbindliche Anweisungen an Verpflichtete erteilen kann, über die sie keine direkte Aufsicht hat.
Aufsicht über den Nichtfinanzsektor
Die Mitgliedsstaaten sind sich zudem uneinig darüber, ob die Kompetenzen der AMLA hier zu weit oder zu eng gefasst sind. Es wurde vorgeschlagen, einen gestaffelten Ansatz zu verfolgen, bei dem zunächst der Finanzsektor beaufsichtigt und der Nichtfinanzsektor graduell einbezogen wird.
Nach öffentlichen Aussagen des zuständigen Berichterstatters im Ausschuss für Wirtschaft und Währung, Luis Garicano, ist aber davon auszugehen, dass das Europäische Parlament auf eine Nachschärfung des Kommissionsvorschlags und Erweiterung der Kompetenzen der AMLA hinwirken wird.
Es bleibt also spannend, wie sich die vier Gesetzesvorschläge weiterentwickeln, insbesondere wenn in Rat und Parlament die wirklich politischen Diskussionen starten. Die deutsche Position im Rat der EU sollte mit dem Koalitionsvertrag – mit dessen Veröffentlichung noch diese Woche gerechnet wird – klarer werden. Es bleibt abzuwarten, welchen Fußabdruck die französische Präsidentschaft hinterlassen wird, wenn sie ab dem 1. Januar 2022 das Ruder übernimmt. Mit Sicherheit ist mit langwierigen Verhandlungen zu rechnen.