Ab sofort diskutiert das Europäische Parlament sowie der Rat der Europäischen Union den neuen EU-Gesetzesrahmen zur Geldwäschebekämpfung. Hierzu hatte die Europäische Kommission kürzlich ein umfassendes Legislativpaket vorgelegt, um der national fragmentierten Gesetzeslage sowie uneinheitlichen Umsetzung in der Geldwäschebekämpfung Einhalt zu gebieten. Schwerpunkte des Pakets liegen deshalb u.a. auf einer neuen, einheitlichen Aufsicht sowie der stärkeren Kooperation von Behörden.

In Deutschland wird indes vor allem die in dem Vorschlag enthaltene Bargeldobergrenze von 10.000€ diskutiert. In anderen Mitgliedstaaten besitzt dieses Thema dagegen wesentlich weniger Relevanz: So sind in vielen Ländern Kartenzahlungen auch für Kleinstbeträge an der Tagesordnung. In 18 von 27 Mitgliedstaaten gibt es bereits Bargeldobergrenzen, von denen viele erst kürzlich eingeführt wurden. Diese bewegen sich zwischen 500€ in Griechenland und ca. 13.700€ in der Tschechischen Republik und sind oft mit weiteren Einschränkungen verbunden, wie z.B. der Möglichkeit die Annahme von Bargeld gänzlich zu verweigern oder Ausweisdokumente zu prüfen.

Quelle: Folgenabschätzung der Kommission vom 20.07.2021, Europäisches Verbraucherzentrum, eigene Recherchen

Doch gerade die Deutschen – wie auch die Österreicher – hängen an ihrem Bargeld. Es sollte daher nicht überraschen, dass das Thema in mehreren Parteiprogrammen zur anstehenden Bundestagswahl Erwähnung findet. So bezeichnet beispielsweise die Union das Bargeld als „gelebte Freiheit“ und auch die FDP spricht sich vehement gegen eine Obergrenze aus.

Die Grünen auf der anderen Seite favorisieren eine „hohe Bargeldobergrenze“, während die Position der SPD unklar bleibt. Zwar gibt es zu dem Thema keine explizite Erwähnung im Wahlprogramm der Partei, jedoch äußern sich einzelne SPD-Finanzpolitiker durchaus positiv zur Obergrenze. So hätte sich Lothar Binding, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, laut Handelsblattsogar eine Grenze von höchstens 5000 Euro gewünscht“. Gleichzeitig hat die Bundesregierung bis dato keine klare Position zur Bargeldobergrenze in den ersten Diskussionen des Rats der EU bezogen, was auf Uneinigkeit innerhalb der Koalition hindeutet.

Im Gesamtkontext des vorgeschlagenen europäischen Gesetzespakets ist die Diskussion um die Bargeldobergrenze bisher jedoch unvollständig: Die Kommission paart diese Maßnahme nämlich mit einer Herausnahme von Güterhändlern aus dem Anwendungsbereich der Geldwäscheregeln – hiervon ausgenommen sind lediglich Kunsthändler und Juweliere. Letztere würden also weiterhin von den Geldwäscheregularien erfasst sein, nicht aber sonstige Händler, beispielsweise für Fahrzeuge, Antiquitäten, Boote, Elektronikartikel usw.

Der geänderte Anwendungsbereich in Kombination mit der Bargeldobergrenze bedeutet konkret Folgendes: sonstige Güterhändler unterlagen bisher nur für Transaktionen ab 10.000€ Euro der Geldwäscheregulierung; würde nun eine Obergrenze entsprechend ebendiesem Betrag eingeführt, fielen sonstige Güterhändler damit gänzlich und automatisch aus der Geldwäscheregulierung heraus.

Obgleich die Logik grundsätzlich nachvollziehbar erscheint, könnte die Entpflichtung der Güterhändler jedoch tatsächlich zu einer Zunahme des Geldwäscheaufkommens führen. Schon heute wird gerade im Nichtfinanzsektor eine sehr hohe Dunkelziffer bei der Geldwäsche angenommen. Insbesondere hier scheinen Behörden Schwierigkeiten mit dem effektiven Vollzug zu haben.

So stellte Ende 2020 ein interner Bericht des Bundesrechnungshofes (BRH) der Geldwäschebekämpfung im Nichtfinanzsektor (NFS) ein denkbar schlechtes Zeugnis aus. Auch die aktuellen Zahlen des Jahresberichts der deutschen zentralen Meldestelle (Financial Intelligence Unit – FIU) spiegeln dies wider.

Quelle: Nationale Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, Jahresbericht 2020

Laut BRH-Bericht geht das Bundesfinanzministerium von 28.000 Verdachtsfällen im NFS pro Jahr aus, jedoch wurden 2020 gemäß FIU-Bericht für diesen Sektor lediglich 2.854 Meldungen abgegeben. Weniger als 1,5% der bei der FIU eingegangenen Verdachtsmeldungen stammten in den Jahren 2018-2020 aus dem NFS, obwohl dieser gemessen an der Anzahl der Verpflichteten größer ist als in der Finanzbranche. Im selben Zeitraum machte der Güterhandel dabei lediglich 0,4% der Verdachtsmeldungen aus. Der Güterhandel erfasst damit nach Notaren zwar die zweithöchste Anzahl an Verdachtsmeldungen im NFS, liegt damit aber dennoch deutlich hinter den diesen zurück. Diese Diskrepanz zwischen erwarteten Verdachtsfällen und tatsächlichen Verdachtsmeldungen macht die Ineffizienz der Aufsicht zur Anti-Geldwäsche im NFS deutlich.

Alleine die Einführung einer Obergrenze sollte die Probleme aber nicht lösen. Denn besonders im Güterhandel kommt es häufig vor, dass Geldwäscher viele kleinere Transaktionen nutzen, um ihre Aktivitäten zu verschleiern. Zwar sieht auch der aktuelle europäische Gesetzesvorschlag vor, dass sogenannte „verbundene Bargeld-Transaktionen“ im Gesamtvolumen die Schwelle von 10.000€ nicht überschreiten dürfen, doch in der Praxis ist dies schwer nachzuvollziehen.

Denn wenn jene Händler keinen gesetzlichen Verpflichtungen mehr unterliegen, liegt es nahe, dass Mitarbeiter, beispielsweise eines kleinen Autohauses, nicht mehr darauf geschult werden, ein wachsames Auge auf Auffälligkeiten zu haben und verbundene Transaktionen zu identifizieren. Dies könnten Geldwäscher in Zukunft ausnutzen und damit würden Güterhändler Gefahr laufen – wenn auch unwissentlich und ohne eigenes Verschulden – Einfallstor für Geldwäsche zu sein.

In den kommenden Monaten wird sich zeigen, wie das Europäische Parlament und der Rat der EU mit den Themen Bargeldobergrenze und Güterhandel verfahren werden. Spannend bleibt dabei auch die Positionierung Deutschlands. Denn aufgrund der oben genannten, unterschiedlichen Auffassungen der Parteien ist davon auszugehen, dass auch in diesem Themenbereich erst der Ausgang der Bundestagswahl bzw. der anschließenden Koalitionsverhandlungen die Position Deutschlands definieren wird.

In jedem Fall liegt der Regulierungsschwerpunkt aktuell in Brüssel, wo nun die Geldwäscheregeln für die nächsten Jahre festgezurrt werden. Derzeit diskutieren das Europäische Parlament sowie der Rat der Europäischen Union den neuen EU-Gesetzesrahmen zur Geldwäschebekämpfung.

  • Beitrag von Elisabeth von Reitzenstein; Sebastian Rotter Deprecated: Function strftime() is deprecated in /mnt/web320/e2/23/59262923/htdocs/WordPress_02/wp-content/plugins/qtranslate-xt-3.12.1/qtranslate_date_time.php on line 145 Deprecated: Function strftime() is deprecated in /mnt/web320/e2/23/59262923/htdocs/WordPress_02/wp-content/plugins/qtranslate-xt-3.12.1/qtranslate_date_time.php on line 201 31.8.2021
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