Immer wieder möchten wir unsere eigene Expertise durch die Erfahrungen von Externen ergänzen und von ihren Einblicken lernen. So sprechen wir im Zuge unseres Bundestagswahl-Newsletters regelmäßig mit Entscheidungsträgern aller politischer Ebenen. Bevor diese Beiträge hier erscheinen, können Sie sie bereits vorab im Newsletter lesen.
In unserem Austausch mit Dr. Lukas Köhler, klimapolitischer Sprecher der FDP- Bundestagsfraktion und Generalsekretär der FDP Bayern, wird die Bedeutung der Klimapolitik für die Bundestagswahl und der Einfluss der Corona-Pandemie auf den Wahlkampf von Parteien und Kandidaten thematisiert.
In den letzten Jahren hat Klimaschutz, auch in der politischen Debatte, an großer Bedeutung gewonnen. Das Coronavirus hat dies in den Medien als beherrschendes Thema abgelöst. Welche Bedeutung messen Sie dem Thema Klimaschutz im Wahlkampf bei? Ist das Thema wahlentscheidend?
Das Thema Klimaschutz wird im Wahlkampf mit Sicherheit eine sehr große Rolle spielen. Ob es letztendlich wahlentscheidend ist, hängt stark von der einzelnen Person ab, da für die Wähler unterschiedliche Themen unterschiedlich wichtig sind. Klimaschutz wird aber auch bei Unternehmen, politischen Verbänden und Fachleuten als eines der zentralen Zukunftsthemen gesehen. Corona hat das Thema Klimaschutz sicherlich überlagert und wird auch im Bundestagswahlkampf eine wichtige Rolle spielen. Es sorgt aber nicht dafür, dass Klimaschutz an Bedeutung verliert.
Wie unterscheidet sich die FDP von den anderen demokratischen Parteien in Bezug auf ihre Klimapolitik und welche Gemeinsamkeiten gibt es?
Die Gemeinsamkeit der demokratischen Parteien in der Klimapolitik ist das Ziel, welches wir erreichen möchten. Dieses Ziel ist das 1,5-Grad Ziel, welches das Kernstück der Klimapolitik darstellt. Darauf sollten politische Entscheidungen ausgerichtet sein, darauf ist auch unsere Klimapolitik ausgerichtet.
Unterschiede finden sich in den Wegen zur Erreichung dieses Ziels. Wir als FDP sind hierbei für einen marktwirtschaftlichen Ansatz. Wichtig ist dabei das Instrument des Emissionshandels, der das Rückgrat unserer Klimapolitik darstellt. Jedoch steht dies mit allen anderen Maßnahmen in Verbindung. Und das ist auch das, was uns gegenüber klimapolitischen Forderungen aus dem linken Spektrum unterscheidet. Dort wird viel mit Einzelmaßnahmen probiert, bei denen nicht sicher ist, ob sie wirklich die Effekte haben, die sie haben sollen.
Wie kann die FDP ein Politikfeld, das von einer anderen Partei eingenommen wird, für sich nutzen? Was ist hier der Ansatz der FDP?
Klimapolitik war lange Zeit ein eigenes Politikfeld. Mittlerweile durchdringt es aber jedes andere Politikfeld, zum Beispiel die Wirtschafts- oder Digitalisierungspolitik. Und genau in diesen Feldern haben wir Kompetenzen wie keine zweite Partei und können so unsere Stärken verbinden. Wir haben einen klaren Plan, wie wir Klimaschutz umsetzen wollen, aber gleichzeitig sehen wir den notwendigen Umbau innerhalb der Wirtschaft. Und das begreifen wir als Chance. Der Klimawandel ist die größte Herausforderung und zeitgleich auch eine der größten Chancen, die wir haben. Die anderen Parteien haben noch nicht erkannt, welche Chancen der Klimawandel in sich birgt. Und diese Chancenidee, die ist einzigartig in der deutschen Parteienlandschaft und das können wir in den Vordergrund rücken.
Wird das Themenfeld Klimapolitik ein schwieriges Thema bei etwaigen Koalitionsverhandlungen?
Ja. Es wird nicht ein außergewöhnlich schwieriges Thema, aber es wird natürlich eine große Diskussion darüber geben, welche Themenfokussierung gesetzt wird. Ich denke, es wird eher eine technische Diskussion. Der Vorteil bei der Koalitionsverhandlung ist ja, dass man schon mal ein gemeinsames Ziel hat. Und dieses haben wir zusammen mit den anderen Parteien. Die technischen Details werden dann einfach eine klassische Verhandlungsfrage.
Nun zu Ihrer Rolle als Generalsekretär der FDP Bayern: Der Wahlkampf wird dieses Jahr wahrscheinlich anders als sonst ablaufen, vermutlich überwiegend digital. Wie sehen Sie den Einfluss des digitalen Wahlkampfs auf die Wahl?
Der Einfluss des digitalen Wahlkampfs wird noch größer sein als er in den letzten Wahlkämpfen schon war. Aber natürlich darf man auch das nicht überschätzen. Eine Strategie, die nur digital ist und nicht zeitgleich auch im realen Leben umsetzbar ist, ist keine gute Wahlkampfstrategie. Einen reinen Online-Wahlkampf zu machen ohne den klassischen Infostand und das Plakat auf der Straße halte ich für falsch. Die Wählerinnen und Wähler müssen in ihren Lebensrealitäten abgeholt werden und das geht nicht nur im Internet. Wählerinnen und Wähler sind auf dem Weg zur Arbeit ganz anders ansprechbar als auf YouTube. Natürlich bietet aber das Internet ganz andere Dialogformen, beispielsweise die Möglichkeiten zum Austausch mit großen Gruppen, welche wir offline eben derzeit nicht haben.
Birgt der digitale Wahlkampf für Kandidatinnen und Kandidaten Chancen oder Nachteile?
Politikerinnen und Politiker, die entweder ein sehr gutes Team für Online-Wahlkampf haben oder selbst viel darüber wissen, haben gewiss einen Vorteil, weil sie diese zweite Welt mitbespielen können. Aber der Wahlkampf von Politikerinnen und Politikern, die nur auf Online-Wahlkampf setzen, wird nicht funktionieren. Die Mischung macht es: Jede Kandidatin und jeder Kandidat ist gut beraten, sich ein diverses Team aufzustellen, gerade in Punkto Erfahrung und Wissenshorizonte. Da braucht man jemanden, der Ahnung hat vom Offline-Wahlkampf, aber auch jemanden, der die Stärken des Online-Wahlkampfs kennt.
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