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Neben einer Renaissance des Händewaschens schlägt bei Corona auch die Stunde der digitalen Karten. Kaum eine Gesundheitsorganisation oder ein Medium, das ohne eine mehr oder minder detaillierte Karte auskommt.

Vorsicht vor absoluten Zahlen

Viele dieser digitalen Karten arbeiten dabei mit absoluten Zahlen, so zum Beispiel die Landkreiskarte der Bild. Absolute Zahlen haben natürlich ihre Berechtigung – gerade bei Epidemien sind sie doch ein Indikator für das Infektionspotential. Doch das genannte Beispiel zeigt, wie eine unsachgemäße Darstellung unsere Wahrnehmung des Problems verzerren kann.

Links sieht man die Karte der Bild, rechts die des Robert-Koch-Instituts (RKI). Beide stellen die Infektionszahlen aus Landkreis bzw. Stadtebene dar (und abgerufen zum selben Zeitpunkt). Doch während Bild die absoluten Zahlen pro Landkreis ausgibt, stellt das RKI die Zahl der Infizierten pro 100.000 Einwohner da. Durch diese Standardisierung werden die Zahlen vergleichbar, denn die Einwohnerzahlen deutscher Landkreise reichen von 1,1 Millionen bis 48.000. Das ist wichtig, denn bei absoluten Zahlen ist immer die “Gefahr”, dass unstandardisierte absolute Zahlen nur die allgemeine Bevölkerungsverteilung wiedergeben.

Vergleicht man die Karten, sieht man bei der Bild erhöhte Werte u.a. in Berlin, Hamburg und Hannover. Diese Hervorhebung findet sich beim RKI nicht, da die Zahlen absolut zwar erhöht, im Vergleich zu den Einwohner aber noch vergleichsweise niedrig sind. Umgekehrt erkennt man, warum eine der ersten Ausgangssperren im bayrischen Landkreis Tirschenreuth verhängt wurde. Dieser (~links neben Prag) ist bei Bild eher unauffällig, beim RKI jedoch neben Heinsberg einer der am stärksten betroffenen Landkreise.

Datenerhebung: Nur wer testet, hat auch Fälle

Ich persönliche finde diese Karten toll, weil ich schöne Datenvisualisierungen eben mag. Bei aller Freude darf man aber nicht vergessen, dass nur weil etwas technisch und hübsch aufbereitet ist, es nicht unbedingt die Realität abbilden muss. Gerade bei Corona ist die Frage, welche Datengrundlage hinter diesen Karten liegt. Diese basieren alle auf offiziellen Daten, doch diese Daten hängen von ihrer Erhebung ab.

Die teilweise stark schwankenden Zahlen aus China ließen sich auch durch Änderungen der Zählweise, wer als Corona-infiziert galt, erklären. In Deutschland werden primär positive Tests gezählt und damit kann die Zahl der Infizierten logischerweise nicht höher sein, als die Anzahl durchgeführten Tests. Wo nicht oder wenig getestet wird, sind auch die Fallzahlen klein, egal wie hoch die Durchseuchung (ja, das ist ein echtes Wort) in Wirklichkeit ist. Deswegen muss man sich bewusst machen, dass nur weil etwas in Zahlen ausgedrückt und technisch anspruchsvoll dargestellt wird, es nicht ein (genaues) Abbild der Realität sein muss. Damit möchte ich nicht sagen, dass das RKI oder andere Stellen hier absichtlich ein falsches Bild zeichnen. Es gibt sicherlich gute Gründe dafür, wie und wer getestet wird. Aber bevor man auf Basis dieser Daten Schlussfolgerungen zieht, sollte man sich ihren Kontext bewusst machen.

Kontaktsperre visualisiert

Auch anderen Zusammenhänge werden mit Kartenvisualisierungen aufgegriffen. Eine spannende Idee kommt von Bild in Zusammenarbeit mit der Firma Teralytics: Auf Basis anonymisierter Mobilfunkdaten wurde für jeden Landkreis / jede Stadt ermittelt, wie reisefreudig die Einwohner sind. Es zeigt sich, dass zumindest in Bayern die Appelle #stayhome Wirkung zu zeigen scheinen.

Einen weiterer kreativer Ansatz wählte Philipp Kreißel mit seinem Social Distancing Dashboard. Kreißel wertet über die Google-Maps-API die Auslastung von Orten (wie Cafes, Bars, Geschäften) aus und vergleicht diese mit der normalen Auslastung. Werte, die niedriger als 100% sind, deuten daraufhin, dass Menschen sich an die Kontaktsperre und gesunden Menschenverstand halten.

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