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Heerscharen von Medienexperten und Juristen streiten seit Generationen, worüber Medien berichten dürfen und worüber nicht. Was ist öffentlich? Was ist privat? Worüber darf mit Namensnennung (Juristendeutsch: „identifizierend“) berichtet werden und worüber nicht? Wo überwiegt das öffentliche Interesse an einem Vorgang, und wo ist es die Schutzbedürftigkeit der Persönlichkeitsrechte? Oder anders ausgedrückt: Wie wägt unsere Gesellschaft eigentlich zwischen den beiden hohen Rechtsgütern Pressefreiheit und Persönlichkeitsrecht ab? Unsere Kommunikationsexperten Ralf Kunkel und Maximilian Widera erzählen, wie sie sich Tag für Tag aufs Neue mit Journalisten, Mandanten und Juristen durch eine komplexe Materie arbeiten. 

Schutz der Persönlichkeitsrechte 

Der Schutz der Privatsphäre exponierter Personen ist ein Standardangebot in unserem Beratungsportfolio. Immer wieder kommen Personen zu uns, die mehr oder weniger zufällig oder aufgrund einer einmaligen Verfehlung in den Fokus einer öffentlichen Berichterstattung geraten sind oder zu geraten drohen. Am Anfang dieser Mandate – so unterschiedlich sie im Einzelnen sind – stellen sich uns die immer gleichen Fragen: Was ist der Sachverhalt? Was ist möglicherweise (für wen auch immer) justiziabel? Was kann für Journalisten von Interesse sein? Welcher Stakeholder hat welche Informationen? Was wäre der absolute Worst Case für unseren Mandanten? Was können wir realistischerweise für den Mandanten erreichen?  

In einer Zeit, in der sich harte Fakten, Halbwahrheiten und Fake News gleichermaßen in Sekundenschnelle ausbreiten und zu Shitstorms führen können, stimmt das alte Argument: „Das versendet sich.“ immer weniger. Das Internet vergisst nicht, oder nur dann, wenn man gegen ungerechtfertigte Anschuldigungen oder Fake News vorgeht. Verdachtsberichterstattungen oder die Thematisierung von lang zurückliegenden Ereignissen können die Reputation von Einzelpersonen beschädigen. Die nachträgliche Korrektur dämmt den Schaden nur in Teilen ein, oft gar nicht.  

Persönlichkeitsschutz als Managementaufgabe  

Idealerweise geht man den Schutz der eigenen Persönlichkeit als langfristige Aufgabe an, baut ein klares Zielbild auf und überlegt sich möglichst frühzeitig in der Karriere, mit welchen Themen man öffentlich auftreten will. Und mit welchen nicht. Überlegen Sie es sich dreimal, bevor Sie die Tür für eine Homestory öffnen und auf LinkedIn Privates mit Beruflichem vermischen, wie es immer mehr in Mode kommt. Sie werden diese Geister nicht mehr los. Denn: Wer sich nur über Business-Themen geäußert hat, kann eine Berichterstattung zu unangenehmen Aspekten des Privatlebens wesentlich einfacher vermeiden als derjenige, der Privates bereitwillig ausplaudert und in den sozialen Netzwerken verbreitet.  

Die Gretchenfrage „Besteht ein öffentliches Interesse an den Informationen“ lässt sich nicht pauschal beantworten. Bei politisch, wirtschaftlich oder sozial relevanten Themen kann die Berichterstattung mit Namensnennung gerechtfertigt sein, da man der Öffentlichkeit das Recht zuschreibt, informiert zu werden. Aber nicht alle möglicherweise interessanten Themen gehören auch in die Öffentlichkeit. Sensible persönliche Informationen wie medizinische Details oder intime Aspekte des Privatlebens genießen einen besonderen Schutz, da diese Art von Informationen das Leben und die Würde einer Person erheblich beeinträchtigen können. Die Berichterstattung über die mögliche Alkoholsucht eines bekannten deutschen Schauspielers und Regisseurs mag gerechtfertigt sein. Der Alkoholkonsum einer der Öffentlichkeit nur wenig oder gar nicht bekannten Person ist es eher nicht. Zur Beurteilung des öffentlichen Interesses spielt auch die zeitliche Nähe eine wichtige Rolle und die Frage, ob der Sachverhalt noch in die Jetztzeit hineinwirkt. 

Wir beobachten leider oft, dass viele Menschen mit dem Schutz der eigenen Persönlichkeitsrechte schludrig umgehen. Meist wird der Handlungsdruck erst groß, wenn eine Presseanfrage mit kritischen Fragen eingegangen ist, oder ein kritischer Bericht erscheint, weil Rückmeldefristen bei Journalisten nicht eingehalten wurden.  

Klare Vorgehensweise wählen 

Was ist also zu tun, wenn eine kritische Anfrage eines Mediums zu einem persönlichen Thema auf dem Tisch liegt? Und neben dem Tagesgeschäft: Wie lässt sich die eigene Reputation über den aktuellen Sachverhalt hinaus schützen?  

Zunächst einmal: Natürlich sind Journalisten auf eine möglichst interessante Berichterstattung aus. Namensnennungen von Einzelpersonen machen journalistische Stücke erst spannend. Auf keinen Fall sollten Sie die Journalistinnen und Journalisten ignorieren. Es kann sinnvoll sein, zumindest im Hintergrund zu sprechen und die eigene Sicht der Dinge zu schildern. Sollte jedoch bereits bei der Anfrage erkennbar sein, dass eine kritische Berichterstattung mit Namensnennung erfolgen soll, sollten Sie juristischen und kommunikativen Sachverstand gleichermaßen einbinden. Gleichzeitig sollten Sie langfristig und strategisch die weitere Positionierung planen. Denn nur dann lassen sich akut auftretende Schäden verringern und langfristige negative Folgen für Sie oder Ihre Organisation vermeiden. Gehen Sie am besten wie folgt vor: 

  • Klären Sie den Sachverhalt intern auf – aus juristischer wie kommunikativer Sicht.  
  • Sorgen Sie dafür, dass die Beteiligten bei der Aufarbeitung der Vorwürfe über den gleichen Informationsstand verfügen und ein gemeinsames Bild entwickeln können. 
  • Denken Sie in Szenarien: Was wäre der Best Case, was passiert realistischerweise, und was wäre der Worst Case? 
  • Klären Sie, welche Weiterungen das Thema haben kann: fürs Business, Ihre Karriere, Ihr Privatleben. 
  • Beraten Sie sich mit Vertrauten in Ihrer Organisation. Behalten Sie beide Aspekte im Blick: den Schutz Ihrer Persönlichkeitsrechte und den Schutz Ihrer Organisation. 
  • Entwickeln Sie eine Gesamtstrategie zur Vorgehensweise, in die sowohl die juristischen wie auch kommunikativen Aspekte einfließen.  
  • Behalten Sie bei allen Entscheidungen Ihr Gesamtziel im Auge – dieses zu verfolgen kann auch juristischen Auseinandersetzungen und negative Berichterstattung bedeuten.  
  • Schärfen Sie Ihre bisherige Positionierung. Nachdem der aktuelle Fall bearbeitet ist, ist es sinnvoll die eigene Positionierung langfristig (neu) zu planen und bei Bedarf ein strategisches De-Risking in der Kommunikation zu etablieren. 
  • Und sorgen Sie – insbesondere bei schweren Vorwürfen – für einen unverstellten Blick von außen. Denn das Internet vergisst nur dann, wenn man gegen ungerechtfertigte Anschuldigungen oder Fake News mit einem klaren Plan vorgeht.