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Wir lernen regelmäßig durch die Erfahrungen und Expertise von Externen. Unter anderem sprechen wir für unseren Bundestagswahl-Newsletter regelmäßig mit Entscheidungsträgern auf allen politischen Ebenen. Diese Gespräche und die daraus gewonnenen
Erkenntnisse können Sie zuerst in unserem
Newsletter lesen und später dann auch auf unserem Blog.

Im heutigen Interview mit René Lutter, dem Wahlkampfmanager der Grünen im Landesverband Berlin, sprechen wir über die Herausforderungen für eine Partei, wenn auf Bundes, Landes- und Kommunalebene gleichzeitig gewählt wird, wie man seine Mitglieder mitnimmt und welche Rolle Daten im Wahlkampf spielen.


In Berlin wird dieses Jahr gleich dreifach gewählt, der Bundestag, das Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlungen. Wie wirkt sich das auf die Wahlkampforganisation aus? Werden drei verschiedene Wahlkämpfe geführt?

Eine gleichzeitige Wahl auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene ist bundesweit eine Seltenheit und gab es in Berlin zuletzt 1990. Medial dominieren natürlich bundespolitische Themen die Debatte. Oft interessiert die Wähler*innen aber eher, was vor ihrer Haustür passiert, also wie sauber sind die Parks und Spielplätze, wie oft kommt Bus und Bahn? Nur wem es gelingt, die großen bundespolitischen Linien mit den kommunalen Themen im Bezirk zu einer Geschichte zu verbinden, wird in der Kakophonie des Wahlkampfes durchdringen. Wir stimmen deshalb die Wahlkampagnen eng zwischen den drei Ebenen ab und setzen mit den Berliner Wahlplakaten gezielt Schwerpunkte für eine Metropole: Mieter*innenschutz, Verkehrswende, gute und saubere Parks. Die Berliner Kampagne greift viel vom Look der Bundeskampagne auf, aber setzt auch eine eigene Berliner Note.

Auf Bundesebene möchten die Grünen neue Zielgruppen aus der Mitte heraus erreichen, in Berlin möchten sie die führende Kraft im linken Spektrum sein. Wie gehen die Grünen mit diesem Spagat um?

Grüne Politik ist anschlussfähig in fast alle Milieus. Sowohl Annalena Baerbock im Bund als auch Bettina Jarasch in Berlin, treten an, um Verantwortung für die gesamte Bevölkerung zu übernehmen. Beide gehen offen auf die unterschiedlichen Interessengruppen zu, ob mit dem grünen Vorstoß eines Industriepakts auf Bundesebene oder hier in Berlin in der autofreien Friedrichstraße, wo Bettina Jarasch gemeinsam mit Handel, Anwohnenden und Stadtplaner*innen Lösungen für Interessens- und Zielkonflikte sucht. Darin sind sich beide Kandidat*innen sehr ähnlich. Im Bund wie im Land wollen wir alle erreichen, die Berlin und Deutschland hin zum besseren verändern wollen, hin zu mehr Lebensqualität, mehr sozialer Gerechtigkeit und hin zur Klimaneutralität. So groß ist der Spagat also gar nicht.

Vor der letzten Bundestagswahl hatten die Grünen gut 60.000 Mitglieder, heute sind es ungefähr doppelt so viele. Wie will die Partei diese Neumitglieder im Wahlkampf mobilisieren?

Die zahlreichen Neumitglieder sind unser größter Trumpf in diesem Wahlkampf. Gerade Leute die frisch zu uns kommen, sind besonders motiviert, bringen Energie und Ideen mit und wollen jetzt etwas bewegen. Um alle Mitglieder in den Wahlkampf einzubinden, stecken wir viele Ressourcen in die interne Kommunikation und nehmen alle mit, von der Funktionärsebene bis zum Neumitglied. Wir haben eine Mitgliederapp mit der wir Push-Nachrichten an die Mitglieder versenden, eine eigene Cloud und einen Parteichat. Es gibt zahlreiche Neumitglieder- und Vernetzungstreffen. Neu in diesem Wahlkampf ist, dass wir mit unserem Action Network und natürlich Social Media verstärkt auch Menschen mobilisieren, die kein Mitglied bei uns sind. Alle Menschen, die sich bei der kommenden Wahl für Klimaschutz, Gerechtigkeit und eine freie und offene Gesellschaft einsetzen wollen, sind herzlich willkommen.

Daten spielen eine zunehmende Rolle im Wahlkampf. Wie datenbasiert ist der Wahlkampf der Grünen?

Mehr denn je! Daten sind elementar und die Basis einer jeden Wahlkampfstrategie, sei es um Wähler*innenmilieus auszuloten, Potenzialgebiete zu bestimmen oder Media-Budgets auszusteuern. Allerdings geben einmalige Stichproben nur die aktuelle Gemütslage wieder und sollten niemals einzige Grundlage für strategische Entscheidungen sein. Allein die letzten zwei Monate haben gezeigt, wie volatil die Stimmung sein kann. Im Bereich des Onlinemarketings beschränken wir uns auf Merkmale, die datenschutzrechtlich nicht bedenklich sind. Diese Dinge sind für uns Teil eines fairen Wahlkampfes, zu dem unser Bundesparteirat vor kurzem einen wegweisenden Beschluss gefasst hat.

Die Corona Pandemie bleibt mit immer neuen Mutationen unberechenbar. Wie gut lässt sich unter solchen Voraussetzungen ein Wahlkampf planen?

Die Pandemie beeinflusst eigentlich alle Bereiche im Wahlkampf. Das fing an bei der Kampagnenentwicklung, als wir uns gefragt haben: Welche Themen werden die Menschen in knapp einem Jahr bewegen? Wie ist die Stimmung in der Stadt? Welchen Ton müssen wir im Herbst anschlagen? In der jetzigen Phase sind es vor allem die organisatorischen und technischen Fragen, die uns beschäftigen. Wir müssen die Leute da erreichen wo sie sind, ob nun im Kino, auf dem Marktplatz, im Park oder zuhause. Das versuchen wir bei der Aussteuerung der Kanäle so gut wie möglich zu antizipieren. Mit den Erfahrungen aus den vergangenen Wahlkämpfen letzten Herbst in NRW und vom Frühjahr aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pflanz und zuletzt aus Sachsen-Anhalt haben wir eine gute Vorstellung von den unterschiedlichen Szenarien und sind entsprechend vorbereitet. Klar ist aber, dass wir zum Beispiel keine eigenen Veranstaltungen in Innenräumen planen. Hier ist das Risiko eindeutig zu groß.

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