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Alle Jahre wieder wird der Haushalt neu verhandelt und beschlossen. Er ist dabei eines der wichtigsten Instrumente für alle politischen Ebenen und dient der Feststellung und Deckung des Finanzbedarfs der jeweiligen planenden Gebietskörperschaft. Ist kein Haushalt beschlossen, kann diese nicht agieren – ein prominentes internationales Beispiel hierfür war der wochenlange Shutdown 2019 in den USA, verursacht durch den Streit über eine Grenzmauer zu Mexiko. Obwohl es beim Haushalt um Beträge in Milliardenhöhen geht und der Grundstein für beispielsweise Förderprogramme sowie die Politik der schwarzen Null oder eine Neuverschuldung gelegt wird, kennt kaum einer das Verfahren zur Aufstellung eines Haushaltes und die entsprechenden Beträge. Das möchten wir mit dem vorliegenden Blogbeitrag ändern.

Wie ist das Verfahren?

Zunächst erstellt das Bundesfinanzministerium – mithilfe der jeweiligen Ministerien sowie der Schätzung von Sachverständigen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und Steuereinnahmen – Eckwerte für den Haushaltsentwurf und den Finanzplan. Diese ersten Eckwerte werden im März im Jahr vor dem zu beschließenden Haushaltsjahr vom Bundeskabinett verabschiedet und bilden die Grundlage für die konkreten Planungen der jeweiligen Ministerien. Nun beginnen die regierungsinternen Haushaltsgespräche, in die auch mittelfristige Prognosen zur Wirtschaftsentwicklung und Steuerschätzung einfließen und zu einem vom Kabinett im Sommer beschlossenen Regierungsentwurf zum Haushalt und Finanzplan führen.

Gemäß Art. 110 des Grundgesetzes hat der Bundestag das Budgetrecht, der Entwurf kann also nur mit der Mehrheit des Parlaments zum Gesetz werden. Mit der Einbringung des Regierungsentwurfs in den Bundestag beginnt der reguläre Gesetzgebungsprozess und somit besteht hier die erste Möglichkeit der Opposition, im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens Einfluss auf den Haushalt zu nehmen. Nach der 1. Lesung finden die Beratungen über die jeweiligen Posten im Herbst im Haushaltsausschuss statt. Der Bundesrat berät zeitgleich über den Haushaltsentwurf und gibt eine Stellungnahme an den Bundestag ab, so kann der Bundestag die Position der Länder berücksichtigen. Nach den abschließenden Lesungen und der Verabschiedung im Bundestag sowie der 2. Beratung im Bundesrat, in der dieser auch einen Vermittlungsausschuss berufen kann, tritt das Gesetz zum 1. Januar des jeweils betreffenden Jahres in Kraft.

Das Ziel, den Bundeshaushalt pünktlich für das neue Jahr verabschiedet zu haben, bildet zeitgleich wieder den Startschuss für den neuen Prozess. Daneben finden während des laufenden Jahres fortwährend Beobachtungen zum Bundeshaushalt statt. Dies geschieht zum einen durch den Haushaltsausschuss zur Kontrolle der Exekutive und zum anderen durch das Bundesministerium der Finanzen, um gegebenenfalls durch einen Nachtragshaushalt oder eine Haushaltssperre regulierend einzugreifen. Beispiele hierfür sind die beiden Nachtragshaushalte im Jahr 2020, die insbesondere den Auswirkungen und Herausforderungen der Corona-Pandemie begegnen. Es zeigt sich: Das Verfahren des Haushalts ist ein fortlaufender Prozess mit Beteiligung unterschiedlicher Akteure. Für die Public Policy Arbeit gilt es entsprechend, sich frühzeitig damit zu befassen und das Verfahren fortwährend zu begleiten.

Wer braucht wieviel?

3.000 gedruckte Seiten, 6.500 Einzeltitel und Ausgaben in Höhe von 498,62 Milliarden Euro – das sind die Zahlen des neuen Bundeshaushalts 2021. Damit wird die nach der Schuldenregel zulässige Obergrenze der Neuverschuldung aufgrund der „außergewöhnlichen Notsituation“ um 164,2 Milliarden Euro überschritten.

Die Verteilung der Ausgaben auf die Einzelpläne ist im Bundeshaushalt dabei sehr unterschiedlich. Im Jahr 2021 fallen die meisten Ausgaben mit 33,08 Prozent dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu. Gefolgt wird dieser einsame Spitzenposten in den Einzelplänen von der Allgemeinen Finanzverwaltung mit einem Anteil an den Ausgaben von 18,63 Prozent. Hier sind „Corona-Unternehmenshilfen“ mit 39,5 Milliarden Euro und „Globale Mehrausgaben für Kosten im Zusammenhang mit der Bewältigung der Covid-19-Pandemie“ mit 35 Milliarden Euro vorgesehen. Das entspricht einem Anteil von 14,94 Prozent an den Gesamtausgaben für 2021. Mit Abstand folgt als nächstes das Bundesministerium der Verteidigung mit 9,41 Prozent sowie Ausgaben des Ressorts für Verkehr und digitale Infrastruktur mit einem Anteil von 8,25 Prozent. Schlusslichter der Bundesministerien sind das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit mit 0,53 Prozent und das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz mit 0,19 Prozent Anteil an den Ausgaben.

Seit den 1950er Jahren stiegen sowohl die Ausgaben als auch die Einnahmen der Bundesrepublik kontinuierlich an, wobei seit 2014 die Einnahmen Deutschlands über den Ausgaben lagen. Das ist nun durch die Corona-Pandemie vorbei: Der vorläufige Abschluss des Bundeshaushalts 2020 ergab zum ersten Mal seit sieben Jahren ein Defizit – fraglich ist, ob die Politik der schwarzen Null, auf die die Bundesrepublik so stolz war und die aus dem Ausland mit Neid betrachtet wurde, der Vergangenheit angehört.

Und wie läuft das Verfahren im Wahljahr 2021?

In diesem Jahr, in dem das Verfahren für den Haushalt 2022 läuft, endet die aktuelle Legislaturperiode mitten während des Verfahrens. Der Beschluss über die Eckwerte liegt im März vor, das Bundeskabinett wird im Sommer den Regierungsentwurf verabschieden – so geschah es auch 2017, als am 28. Juni 2017 das Kabinett Merkel III noch den Entwurf zum Haushalt 2018 beschloss. Die Verabschiedung des Haushalts 2022 im Bundestag wird sich jedoch in das neue Jahr verlagern, je nachdem, wie lange die Sondierungs- und Koalitionsgespräche dauern. Der Haushalt 2022 wird also die Farben der derzeitigen Regierung sowie des kommenden Bundestages tragen.

Ein Szenario wie eingangs erläutert in den USA kann in Deutschland übrigens nicht passieren. Für den Fall einer „etatlosen Zeit“ regelt Art. 111 und Art. 112 des Grundgesetzes eine vorläufige Haushaltsführung. Hierbei kann die Bundesregierung alle Ausgaben tätigen, die nötig sind, beispielsweise um rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes nachzukommen.