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Vor Gericht und auf Hoher See sei man in Gottes Hand, sagt ein Sprichwort.

Doch gerade wenn ein Rechtsstreit den guten Ruf eines Unternehmens bedroht, ist die richtige Litigation-PR durch Kommunikationsexperten segensreicher als reines Vertrauen.

Egal ob es sich um den Fall des früheren Karstadt-Managers Thomas Middelhoff, die Aufsichtsrat-Klage gegen Ex-Vorstände des Baukonzerns Bilfinger oder das juristische Ringen um die Macht beim deutschen Waffenhersteller Heckler & Koch handelt – alle drei Fälle zeigen, dass juristische Auseinandersetzungen heute nicht mehr allein vor Gericht entschieden werden. Über den guten Ruf eines Unternehmens und seiner Manager entscheiden Medien und Öffentlichkeit. Sie sind dabei Ankläger und Richter in einem. Oftmals endet die Berichterstattung in der völligen Vernichtung der Reputation eines Betroffenen.

Nicht umsonst entscheidet die kommunikative Beratung im Rahmen eines rechtlichen Disputes – Litigation-PR – häufig ganz unabhängig vom gerichtlichen Ausgang des Verfahrens über den medialen Sieg oder die soziale Niederlage.

In den Wirren großer Rechtsstreitigkeiten und Verfahren verfolgen die Berater meist zwei Ziele: Die professionelle Medienarbeit soll einerseits den Ausgang eines Rechtsstreites positiv beeinflussen, die Argumente der eigenen Juristen sollten den medialen Diskurs bestimmen. Kommunikationswissenschaftliche Studien haben nämlich mehrfach nachgewiesen, dass Richter und Staatsanwälte sich von der medialen Berichterstattung zu ihren Fällen beeinflussen lassen.  Andererseits wollen die entsprechend spezialisierten PR-Berater die Reputation ihres Mandanten auch über das Verfahren hinaus schützen.

Voraussetzung ist dafür immer eine enge Abstimmung zwischen Kommunikationsberatern und den Anwälten der Mandanten. Die Kernargumente der Juristen müssen den medialen Diskurs dominieren – und damit den Ausgang bestenfalls entscheiden. Voraussetzung ist dabei die Umwandlung zentraler juristischer Argumente in mediale Botschaften und deren Platzierung, Hintergrundgespräche mit Journalisten oder bestenfalls die Erzeugung einer Gegenöffentlichkeit, die intensiv die Möglichkeiten sozialer Netzwerke nutzt.

Primäres Ziel im Strafverfahren ist die Entlastung der Mandanten von den Vorwürfen der Ermittler. Gerade bei öffentlichkeitswirksamen Strafverfahren und prominenten Mandaten sind Litigation-PR-Berater ein unverzichtbarer Bestandteil der Prozess-Strategie geworden.

Dafür gibt es zwei Ursachen:

  1. Der eindimensionale Blick auf das juristisch Gebotene genügt nicht mehr, um die mediale Wirkung zu steuern. So ist das Schweigen zu erhobenen Vorwürfen eine juristisch legitime Strategie, in der Öffentlichkeit wird dies jedoch meist als Schuldeingeständnis wahrgenommen.
  2. Die Behörden in ihrer Kommunikation immer aggressiver, um die Legitimation ihrer Institution zu stärken. Ermittlungsschritte werden daher nicht mehr nur auf Nachfrage von Journalisten bestätigt, sondern gerne auch per Pressemitteilung bei einer großen Zahl von Medien promotet. Hinzu kommt noch, dass sich auch erfahrene Ermittler immer häufiger von einer aufgebrachten und skandalisierenden Berichterstattung treiben lassen.

Selbst ein Freispruch kann die eigene Reputation dann kaum wiederherstellen – erst recht als „Freispruch zweiter Klasse“ aus Mangel an Beweisen. Kaum ein prominenter Beschuldigter in einem Wirtschaftsstrafverfahren hat hinterher noch in Amt und Würden zurückgefunden.

Auch wenn zivilrechtliche Verfahren für die Medien bisweilen weniger spannend sind, sind sie nicht weniger folgenschwer. Gerade weil Sachverhalte hier oftmals komplexer und Verhandlungstage zäher sind, gilt es sich mediale Einflussmöglichkeiten zu sichern. Klassische Einsatzgebiete für Litigation-PR sind dabei Kartell- und Insolvenzrecht aber auch Kapitalmarkt- und Kapitalmarktanlagerecht.

Grundsätzlich geht es den PR-Beratern im Rahmen eines Zivilverfahrens darum, geltend gemachte Ansprüche entweder abzuwehren oder für Verständnis in der Öffentlichkeit zu sorgen. Notwendigerweise geht dies damit einher, auf die jeweils gegnerische Seite medialen Druck aufzubauen.

Auf der Klägerseite kann Litigation-PR im besten Falle schon vor einer Klage ihre Wirkung entfalten. Ein Beispiel: Die Thematisierung von Kernelementen einer angedrohten Klage oder die Androhung einer Klage selbst über entsprechenden Branchenmedien bringen die Gegenseite bereits vorher in die Defensive. Erfahrungsgemäß kann so auf der gegnerischen Seite auch nach anfänglicher Weigerung Gesprächsbereitschaft hergestellt werden. Besonders effizient ist diese Vorgehensweise bei Gegnern, die in besonderem Maße von Kundenvertrauen bzw. der eigenen Reputation abhängig sind – Kliniken, Lebensmittelhändler oder auch Banken.

Kommt es dennoch zu einem offenen Rechtsstreit, hat der Kläger den Vorteil des „First Mover.“ Er entscheidet, wann die Klage eingereicht wird. Darauf aufbauend kann von den Kommunikationsberatern eine umfassende Dramaturgie erarbeitet werden, um den medialen Druck auf die Gegenseite im Verlauf des Verfahrens zu verstärken.

Doch was bedeutet dies für die Seite des Beklagten? Floskeln wie „zu einem laufenden Verfahren äußern wir uns nicht“ oder „die Klage liegt uns noch nicht vor“ sind zumeist die ersten Antworten auf entsprechende Presseanfragen. Doch die Hoffnung auf baldiges mediales Desinteresse wird bald durch die gnadenlose Realität eingeholt.

Statt Floskeln müssen vielmehr sofort die ersten Maßnahmen ergriffen werden, um gegenzusteuern. Unerlässlich ist dabei die Festlegung auf einen zentralen Kommunikator bzw. Sprecher. Diese sogenannte „one-voice-policy“ soll verhindern, dass von dem beklagten Unternehmen zum gleichen Sachverhalt unterschiedliche Inhalte kommuniziert werden. Hier gilt es zu entscheiden, ob der Litigation-PR-Berater direkt als Sprecher für das Unternehmen auftreten soll. Dies kann insbesondere bei mittelständischen Unternehmen mit einer vergleichsweise kleinen Pressestelle zu einer erheblichen Entlastung führen. Ressourcen, die dann bestenfalls für die ebenso wichtige interne Kommunikation genutzt werden können. Danach gelten zwei Ansätze: relevanten Journalisten in Hintergrundgesprächen Argumente für ein Scheitern der Klage aufzuzeigen oder gleich in bisher unbeteiligten Leitmedien die eigene Position prominent zu platzieren.

Wer das beherzigt, stellt im Falle eines großen Rechtstreites seine Verteidigung auf die zwei alles entscheidenden Fundamente: Das rechtliche und das kommunikative. Jede Verteidigungsstrategie muss von Beginn an ganzheitlich gedacht und umgesetzt werden.

Dabei sollte man vor den Kosten nicht zurückschrecken – die Investition in zusätzliche Litigation-PR-Maßnahmen wird sich langfristig immer auszahlen. Das gute Recht der Mandanten auf Reputation erstreiten PR-Berater nicht im Gerichtssaal, sondern in der Welt der Öffentlichkeit. Hier gilt der Grundsatz: Recht bekommen und nicht nur Recht haben.

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