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Sachsen und Brandenburg haben ihre Landtage gewählt. In beiden Bundesländern zeichnen sich Regierungswechsel ab. Gleichzeitig haben die Wahlergebnisse auch Auswirkungen auf die Bundespolitik in Berlin. Drei Dinge lassen sich aus dem Wahlausgang für ganz Deutschland ableiten:

  • Die Grüne gewinnen im Bundesrat noch weiter an Relevanz.
  • Die einzelnen Länder bekommen eine stärkere Verhandlungsposition.
  • Der Rechtfertigungsdruck der SPD, die Große Koalition zu verlassen, steigt.

Die Grünen sind im Bundesrat die Königsmacher

Die Wahlergebnisse zeigen erneut, dass Regierungsbildungen auf Landesebene immer komplexer werden. Lange Zeit galt in den Bundesländern, dass maximal zwei Partner reichen, um eine stabile Koalition zu bilden. Ausnahmen waren hier das kurzlebige Ampel-Experiment in Bremen 1990 und die etwas länger andauernde Jamaika-Koalition im Saarland zwischen 2009 und 2012. Nach Bildung der Regierungen in Brandenburg und Sachsen werden voraussichtlich acht Landesregierungen aus drei Koalitionspartnern bestehen. Die aktuellen Umfragewerte in Thüringen, wo Linke, SPD und Grüne regieren, deuten zudem darauf hin, dass die Zahl nicht kleiner wird. Diese acht Ländern stellen insgesamt 31 der 65 Stimmen im Bundesrat stellen.

In der Länderkammer werden die Grünen immer mehr zum Zünglein an der Waage. Sollte sich auch in Brandenburg eine Regierung unter Beteiligung der Grünen finden – theoretisch möglich ist auch eine Koalition aus SPD, CDU und Freien Wähler –, wäre die Partei in zehn Ländern in Regierungsverantwortung. Nur CDU/CSU und SPD können mit elf Landesregierungen mehr Beteiligungen auf Landesebene vorweisen. Insgesamt vereinen die Bundesländer mit einer grünen Beteiligung 45 Bundesratsstimmen auf sich. Zum Vergleich: Die Union hat Einfluss auf 51 Stimmen, die SPD nur auf 41 Stimmen.

Diese Situation könnte zu zwei Phänomenen führen. Erstens wird der Bundesrat in seiner Entscheidungsfindung langsamer, denn durch die größere Komplexität wird es schwieriger, Mehrheitsverhältnisse zu organisieren. Zweitens werden die einzelnen Bundesländer ihre Zustimmung zu Regierungsvorhaben sich noch teurer „abkaufen“ lassen. So hatte sich zum Beispiel Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) 2017 eine Förderung für den Ausbau einer Bahntrasse garantieren lassen, damit Thüringen die Maut nicht weiter blockierte.

Regierungsbildung überschattet Suche nach SPD-Vorsitzenden

Besondere Auswirkungen hat das Ergebnis auch auf die Wahl der neuen SPD-Parteispitze. Die SPD hat in Brandenburg knapp sechs Prozentpunkte verloren, in Sachsen ist sie nach 2009 erneut unter zehn Prozent der Stimmenanteile gefallen. Dennoch dürfte die Partei in beiden Bundesländern voraussichtlich Teil einer Kenia-Koalition werden. Dieses Ergebnis wird zwangsläufig die 17 Kandidaten für den SPD-Parteivorsitz vor eine strategische Herausforderung stellen. Denn die Bewerber um den Parteivorstand werden bei den anstehenden 23 Regionalkonferenzen vor allem das Für und Wider der Großen Koalition im Bund diskutieren. Fast zwangsläufig wird dadurch auch die Debatte über ein solches Bündnis auf Landesebene eröffnet.

Denn sollte die SPD in Brandenburg nun tatsächlich mit der Union koalieren, würde sie nach Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland in einem sechsten Land mit der CDU zusammenarbeiten. Dadurch braucht es folglich schlüssige Antworten auf die Frage, warum die SPD in Berlin nicht mehr mit der Union regieren sollte, obwohl sie eine solche Koalition auf Landesebene erneut anstrebt.