Immer wieder möchten wir unsere eigene Expertise durch die Erfahrungen von Externen ergänzen und von ihren Einblicken lernen. So sprechen wir im Zuge unseres Bundestagswahl-Newsletters regelmäßig mit Entscheidungsträgern aller politischer Ebenen. Bevor diese Beiträge hier erscheinen, können Sie sie bereits vorab im Newsletter lesen.

In unserem Austausch mit Tankred Schipanski, dem digitalpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion wird thematisiert, wie man sich als Fraktionssprecher sein Fachthema erarbeitet. Gerade in Koalitionsverhandlungen nehmen die Sprecher eine zentrale Rolle ein und bestimmen in relevanten Themen und Fragestellungen die Parteiposition. Wie sie sich dafür ihr Wissen aneignen, können Sie im folgenden Interview nachlesen.


Sie sind digitalpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion? Wie kam es dazu? Haben Sie sich das Themenfeld „ausgesucht“ oder wurde es Ihnen zugeteilt?
Vor meiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter habe ich an der TU Ilmenau Medienrecht gelehrt. Von daher war ich mit den Herausforderungen der Digitalisierung gut vertraut. In meiner ersten Legislatur war ich von 2010 bis 2013 Mitglied im Unterausschuss Neue Medien und Mitglied in der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“. Ab 2013 bekam der Bundestag einen neuen ordentlichen Ausschuss – „Digitale Agenda“ (ADA). Dort war ich von Beginn an als Obmann der Unionfraktion tätig. Seit 2018 bin ich von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum digitalpolitischer Sprecher gewählt worden.

Wie haben Sie sich das Thema der Digitalen Agenda erschlossen? Welche Rolle spielen Gespräche mit Fraktionsreferenten oder Mitarbeitern aus Ministerien? Und welche Rolle nehmen Verbände, Think Tanks oder Unternehmen ein?
Grundlage bildet natürlich meine berufliche Tätigkeit vor meiner Arbeit als Abgeordneter. Die Materie ist komplex und schnelllebig. Von daher ist ein regelmäßiger Austausch mit allen Akteuren notwendig sowie stetige eigene Weiterbildung. Hinzu kommt ein kompetentes Mitarbeiterteam. Das Themenfeld ist zudem stark europarechtlich geprägt. Diesbezüglich ist der Austausch mit Think Tanks und Verbänden besonders wichtig.

Erschließen Sie sich diese Themen dann wiederum eher über die klassische „Akte“ und (Fach-)Zeitschriften? Oder welche Rolle spielen hier auch neuere Kanäle, wie Twitter oder Podcasts?
Für mich sind Studien, Fachzeitschriften und die „klassische Akte“ weiterhin wichtig, wenn ich mir Themen neu erschließe. Dabei setze ich vor allen auf wissenschaftliche Quellen. Wichtig sind zudem Gespräche mit Experten – ob in Präsenz oder virtuell. Über Twitter nehme ich vor allem die Diskussion und Stimmung auf. Für tiefergehende Informationen sind soziale Netzwerke nicht geeignet.

Welche Rolle kommt im Prozess der Wissensentwicklung Ihrem Team zu? Wie sehr ist deren Themen-Expertise auch ausschlaggebend für Ihren persönlichen Kenntnisstand?
Jeden Bundestagsabgeordneten erreichen über sein Büro sehr viel mehr Informationen, als er oder sie jemals aufnehmen kann. Da sind die Sortierung und der Überblick wichtig. Mein Team ist oftmals auch „Flaschenhals“ mit Blick auf Informationen. Die Vorbereitung kommt meinem Team vor allem bei Terminen oder Gesetzesvorhaben zu. Eine gute Vorbereitung ist wichtig. Mein Team und ich ergänzen uns gut: Ich behalte den Überblick und meine Mitarbeiter sind fit in allen Details. Ohne eine gute Arbeitsebene funktioniert es nicht.

Was war die für Sie größte Herausforderung in der Entwicklung „vom Rechtsanwalt zum digitalpolitischen Sprecher“? Was hätte Ihnen rückblickend dabei geholfen?
Die rechtliche und medienpolitische Debatte kannte ich sehr gut. Eine größere Herausforderung war die technische Expertise, die ich nur teilweise durch meine vorige Tätigkeit kennengelernt hatte. Hier habe ich viel von Experten und anderen Kollegen gelernt. Oft sind nach meiner Wahrnehmung die technischen Aspekte neuer Regulierungen grundsätzlich unterbeleuchtet. Da könnten wir alle von mehr Expertise profitieren.

Wie lange hat es ungefähr gedauert, bis Sie sich eine grundsätzliche Expertise in der Rolle als digitalpolitischer Sprecher erschlossen haben?
Das war ein gradueller Prozess. Durch meine vorherige Tätigkeiten und Mitgliedschaften im Ausschuss hatte ich bereits einen guten Einblick in viele Themen. Als Sprecher ist der Anspruch aber noch mehr, in jedem Thema einen guten Überblick zu haben. Das hat sich aber nach wenigen Monaten eingestellt, da ich bereits bei meiner Berichterstattung verschiedenste Themen betreut habe. Ein Ende gibt es dabei aber nicht. Mit jedem neuen Gesetzesvorhaben lerne ich neue Sachen hinzu.

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