Die Wahrnehmung der Landund Forstwirtschaft durch die Politik nimmt zu. Von der im Koalitionsvertrag verankerten Novellierung des Bundeswaldgesetzes, zu dem eingesetzten Zukunftsdialog Wald, hin bis zur Nationalen Waldstrategie 2050. Mit dem „EU-Naturschutz- und Pflanzenschutzpaket“ (Nature Restoration Law und Sustainable Use Regulation) dreht auch Brüssel am Rädchen mit. In Zeiten der Energie- und Klimakrise sprachen wir mit Fabian Wendenburg, Geschäftsführer bei den Familienbetrieben Land und Forst e.V., darüber, wie der Klimaschutz mit der Stärkung der Wirtschaftskraft im ländlichen Raum einhergeht und welche Chancen und Herausforderungen die Branche im neuen Jahr erwartet.  

Sehr geehrter Herr Wendenburg, wer sind die Familienbetriebe Land und Forst und welche Aufgabe fällt Ihnen im politischen Berlin zu? 

Wir vertreten das, was im Namen steht: Familienbetriebe in der Land- und Forstwirtschaft in ganz Deutschland. Zu unseren Mitgliedern gehören rund 2.000 eigentümergeführte Betriebe, die für gut 50.000 Unternehmer, Mitarbeiter und Familienmitglieder stehen. Unsere Mitgliedsbetriebe tragen Verantwortung für rund 5 Prozent der land- und forstwirtschaftlichen Fläche im ganzen Land. Unsere Aufgabe ist es, ihre Interessen in der Politik und der Öffentlichkeit zu vertreten. Dabei stehen bei uns der Schutz des privaten Eigentums, unser Beitrag zum Klimaschutz und die Stärkung der Wirtschaftskraft im ländlichen Raum im Fokus.  

Das Thema Wald- und Forstwirtschaft ist in der politischen Wahrnehmung immer weiter nach oben gerückt: Es gibt ein Waldgesetz, eine Nationale Waldstrategie 2050 und den Zukunftsdialog Wald. Wie bewerten Sie als Verband das neu(erwachte) politische Interesse am Wald und was würden Sie sich aus der Politik noch wünschen? 

Das gestiegene Interesse am Wald hängt mit zwei parallelen Entwicklungen zusammen. Zum einen mit der Krise: Über 500.000 Hektar Wald sind in Deutschland durch Dürren, Stürme und Käferbefall stark geschädigt – das entspricht einer Größe von rund 700.000 Fußballfeldern. Zum zweiten mit der Erkenntnis, dass wir ohne einen gesunden Wald und eine nachhaltige Holzproduktion den Klimawandel nicht in den Griff bekommen. Wald und Holz kompensieren in Deutschland bis zu 14 Prozent der Emissionen! Wir wünschen uns von der Politik vor diesem Hintergrund drei Dinge: Erstens Freiheit, denn der deutsche Wald ist zu vielfältig, als dass er mit einer „one-size-fits-all-Lösung“ aus Berlin oder gar Brüssel reguliert werden kann. Zweitens einen ganzheitlichen Ansatz: Wer in Deutschland oder Europa Waldflächen der Bewirtschaftung entzieht – was gerade geplant wird – der verlagert die Produktion nur in andere Länder und hilft dem Klimaschutz nicht. Drittens eine Honorierung der vielen Leistungen, die der Wald für die Gesellschaft erbringt, vorneweg der Klimaschutz. Wenn Emittenten eine CO2-Abgabe zahlen, sollten messbare Leistungen, die den Klimaschützer Wald stärken, in unseren Augen vergütet werden. 

Die aktuelle Bundesregierung hat 2021 in ihrem Koalitionsvertrag die Absicht formuliert das bestehende Waldgesetz zu novellieren. Aus Ihrer Praxiskenntnis: Welche neuen Aspekte würden Sie gerne dort drin sehen? Welche Punkte würden Sie aus dem bestehenden Gesetz weiterentwickeln? 

Neben der oben erwähnten Freiheit ist zentral, dass Nutzung und Schutz auch künftig zusammengedacht werden. Die nachhaltige Waldbewirtschaftung, für die Deutschland weltweit beneidet wird, sollte weiterhin das Leitbild des Bundeswaldgesetzes bleiben. Ein zweites Ziel ist es, den Rahmen dafür zu schaffen, privates Kapital in den Wald zu lenken. Dieses Kapital von Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern steht zur Verfügung, viele wollen im Wald für bestimmte Leitungen wie Klimaschutz und Artenschutz investieren. Das Bundeswaldgesetz sollte dafür die Voraussetzungen schaffen. Drittens gibt es großen Modernisierungsbedarf in wichtigen Details: Die Verkehrssicherungspflichten der Waldeigentümer müssen an den großen Ausbau von Trassen und Leitungen angepasst werden. Und wenn neue digitale Anwendungen Mountainbiker und Reiter gezielt auf nicht zugängliche Waldflächen lenken, sollte das Bewerben oder Veranlassen solch unzulässiger Betretungsformen unterlassungspflichtig sein. 

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat darüber hinaus den Zukunftsdialog Wald im Juli 2022 initiiert. Welche Aspekte sind Ihnen bei den Beratungen besonders wichtig und wie bewerten Sie als Verband das von der aktuellen Bundesregierung häufig eingesetzte Dialog-Instrument?  

Der Dialog ist wichtig, weil die verschiedenen Akteure viel voneinander lernen können und weil wir damit die Chance haben, unsere Positionen einzubringen. Ich sehe aber mit Sorge, dass solche Formate immer mehr zu einer Scheinbeteiligung werden, bei der Ministerien und Verbände beschäftigt werden, die Auswirkungen auf die tatsächliche Gesetzgebung dann aber überschaubar sind. Das muss bei der Novellierung des Bundeswaldgesetzes oder auch der Umsetzung des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz verhindert werden. Dann machen wir gerne weiter mit. 

Wie Sie schon oben haben anklingen lassen, vertreten Sie eine sehr diverse Gruppe an Betrieben – und haben somit, würde ich vermuten, auch eine beträchtliche Themenpalette zu bearbeiten. Auf welche politischen Verfahren werden Sie 2023 in Berlin und Brüssel besonders achten? 

Unser besonderes Augenmerk liegt in der Tat auf Brüssel. Mit dem „EU-Naturschutz- und Pflanzenschutzpaket“ (Nature Restoration Law und Sustainable Use Regulation) drohen massive Eingriffe in die Bewirtschaftung und ins Eigentum. In der Folge würden Arbeitsplätze im ländlichen Raum bedroht, die heimische Nahrungsmittel- und Holzversorgung geschwächt, und wegen der genannten Verlagerungseffekte würde auch dem Klima nicht geholfen werden. 

Auf nationaler Ebene beschäftigen uns vorrangig das Bundeswaldgesetz, das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz und die steuerliche Behandlung Erneuerbarer Energieträger.  

Und wenn der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages den Boden für eine Vermögensabgabe vorbereitet, werden wir ebenfalls hellhörig. Das Vermögen unserer Mitgliedsbetriebe liegt in ihren Böden. Eine wie auch immer geartete Vermögensbesteuerung ließe sich durch die Erträge nicht bezahlen und würde zur Aufgabe der Betriebe führen. 

Da es nun Jahresanfang ist – was sind ihre drei an die Bundespolitik gerichteten (Neujahrs)wünsche für das Jahr 2023? 

  1. Das Thema Versorgungssicherheit muss breiter gedacht werden. Wir müssen nicht nur bei Gas und Öl neue Abhängigkeiten vermeiden, sondern auch bei Nahrungsmitteln, Holz und anderen Bioenergieträgern.
  2. Wir benötigen ein Belastungsmoratorium. Während die Unternehmen eine dauerhafte Schwächung ihrer Wettbewerbsfähigkeit fürchten, bereitet gerade die EU-Kommission eine Fülle von Eingriffen in Unternehmertum und Bewirtschaftung vor. Das passt nicht zusammen.
  3. Wir müssen Klima- und Artenschutz global denken. Es ist gut, wenn Deutschland Vorreiter ist. Wenn aber niemand hinterherreitet, nützt es keinem. 
  • Beitrag von Robin Arens Deprecated: Function strftime() is deprecated in /mnt/web320/e2/23/59262923/htdocs/WordPress_02/wp-content/plugins/qtranslate-xt-3.12.1/qtranslate_date_time.php on line 145 Deprecated: Function strftime() is deprecated in /mnt/web320/e2/23/59262923/htdocs/WordPress_02/wp-content/plugins/qtranslate-xt-3.12.1/qtranslate_date_time.php on line 201 31.1.2023
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