Während der Corona-Pandemie ist die Konferenz der Ministerpräsidentinnen und -präsidenten (MPK) stark in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Vorher führte sie in der breiten Öffentlichkeit eher ein Schattendasein. Gleiches gilt nach wie vor – und vielleicht noch mehr – für die übrigen Fachministerkonferenzen unter den Bundesländern. Dabei lohnt ein Blick auf eben jene und die damit verbundene Kooperation der Bundesländer. Nicht ohne Grund schreibt etwa der langjährige Leiter der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin, Dr. Claus-Peter Clostermeyer, den Fachministerkonferenzen eine „kaum zu überschätzende Rolle für Gesetzgebung und Verwaltung in der Bundesrepublik“ zu.
Ganz grundsätzlich spielen horizontale und vertikale Kooperationen im föderalen Bundesstaat eine wichtige Rolle. Hierzu zählen auch die Fachministerkonferenzen. Sie sind die horizontale, freiwillige Kooperation der Länder, dienen der sektoralen Abstimmung und fassen gemeinsame Beschlüsse. Neben den jeweiligen Fachministerinnen und -ministern der Länder ist auch die Bundesebene an den Konferenzen beteiligt. In vielen Fachministerkonferenzen ist das jeweilige Bundesministerium als ständiger Gast vertreten. Darüber hinaus sind an den Vorgesprächen der A-Länder (SPD-geführt) und B-Länder (CDU-geführt) auch die fachpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der regierenden Mehrheit im Bund beteiligt. Aus diesen Umständen ergibt sich für beide Seiten ein Vorteil: beide Ebenen bleiben über die politischen Vorhaben der jeweils anderen Ebene informiert. Mitunter können die Fachministerkonferenzen auch in Politikfeldern entscheidende Foren sein, in denen die Gesetzgebungskompetenz rein formal beim Bund liegt. Bei Themen wie etwa der Verwaltungsdigitalisierung wäre es töricht, nicht im Vorhinein ein Einvernehmen mit den Ländern zu erzielen. Dies geschieht dann in den Fachministerkonferenzen und eröffnet den Ländern eine gute Möglichkeit, Einfluss auf das entsprechende Vorhaben zu nehmen.
Zugleich dienen Fachministerkonferenzen auch der intensiven Abstimmung der Länder untereinander mit Blick auf Entscheidungen und Wahlverhalten im Bundesrat. Diese Abstimmung ist aufgrund der Masse an zu treffenden Entscheidungen des Bundesrates auch schlichtweg notwendig. So können schon in einer frühen Phase eines Gesetzesvorhabens fachliche Punkte und Mehrheitsfähigkeiten ausgelotet werden. Bundesländer können spezifische Anliegen mit anderen Bundesländern teilen und für Unterstützung für das jeweilige Vorhaben werben. Außerdem führen die Länder so auch ihre individuellen Kompetenzen zusammen. So verfügt etwa Hessen über Expertise bei Bank- und Luftverkehrsfragen, während die Küstenländer bei maritimen Fragen die Experten sind.
Mit dem Wissen um die zuvor beschriebene Bedeutung und Wirkung der Fachministerkonferenzen wird klar, dass auch deren politische Zusammensetzung eine große Rolle spielt. Besonders interessant ist es, wenn die parteipolitische Zusammensetzung der Fachministerkonferenz nicht der parteipolitischen Mehrheit in der Bundespolitik entspricht – wenn also eine Oppositionspartei im Bund in einer Fachministerkonferenz ein Übergewicht hat.
Ein Beispiel hierfür ist etwa die Bauministerkonferenz (BMK), die Konferenz der für das Bauwesen zuständigen Landesministerinnen und -minister. Die untenstehende Abbildung zeigt, dass die für das Bauen zuständigen Landesministerien häufiger von der CDU besetzt sind als etwa andere relevante Ministerien. Dies hat sich die CDU bereits zu Nutze gemacht.
Darstellung der Parteizugehörigkeit der für Bauen, Klimaschutz, Energie und Umwelt zuständigen Landesministerien
Von der BMK gehen immer wieder wichtige Impulse in Richtung Bundesebene aus, gerne wird auch der Konflikt gesucht. Es lohnt ein Blick auf das Thema Gebäudeenergie: hier spielen die Länder eine sehr wichtige Rolle, obwohl der Bereich überwiegend durch Bundesrecht geregelt ist. Dies gilt umso mehr in der aktuellen Situation, in der sich das neu gegründete Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bau noch immer im Aufbau befindet und in wichtigen Diskussionen mit den Ländern ins Hintertreffen geriet. Die BMK hat diese Situation genutzt, etwa durch eine klare Position zur Aufgabe des Energieeffizienz-Prinzips und durch die Einsetzung einer Arbeitsgruppe, die ein Konzept für die regulatorische Integration von Lebenszyklusemissionen erarbeiten soll. Dieses Vorgehen unterstreicht die Fähigkeit der Länder, ihre Positionen bei wichtigen Themen abzustimmen. Die BMK hat auch gegenüber der Bundesregierung deutlich gemacht, dass sie die Dekarbonisierung des Gebäudebestandes nicht als übergeordnetes Ziel ansieht, sondern gleichrangig mit der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.
Die Betrachtung der Fachministerkonferenzen aus diesem Blickwinkel zeigt, dass die eigentliche Konfliktlinie im föderalen System nicht immer zwischen Bund und Ländern liegen muss. Beim Thema Gebäudeenergie liegt sie zwischen der Bundesregierung und den CDU-geführten Landesministerien. Diese Erkenntnis verdeutlicht die Bedeutung und den Einfluss der Fachministerkonferenzen im deutschen Föderalismus – und damit ihre kaum zu überschätzende Rolle.