Lufttaxis sind das Trendthema in der Luftfahrtindustrie. Die Technologie des Flugtaxis ist bereits weit fortgeschritten und es gibt eine schnell wachsende Zahl von Unternehmen und Investoren, die in diesem Bereich aktiv sind. Experten sind sich einig, dass die kommerzielle Nutzbarkeit bereits ab dem Jahr 2022/2023, zumindest aus technischer Perspektive, möglich sein wird. Auch aus einer Standortperspektive sind Unternehmen aus dem Bereich Urban Air Mobility (UAM) als Innovationstreiber begehrt. Neben der medialen Beachtung lässt sich dies auch anhand der Anzahl und Art der Patentanmeldungen im Kontext von UAM nachvollziehen. Diese finden sich besonders bei Innovationen im Bereich elektrischer Antriebe, autonomer Flugtechnologien und 5G-Kommunikationsnetzwerke. Gleichzeitig ist ein internationales Rennen um die Schaffung eines regulatorischen Rahmens entbrannt, der für die jeweiligen nationalen Champions einen kritischen Wettbewerbsvorteil im Kampf um den Weltmarkt bieten könnte.  

Das bedeutet für Unternehmen und Investoren, dass es zukünftig immer wichtiger wird, aktiv mit den Regulierungsbehörden im Austausch zu stehen. Dabei ist es nicht nur wichtig, das dynamische Voranschreiten der Vorgaben im Heimatmarkt zu beobachten, sondern insbesondere auch in den relevanten internationalen Märkten. 

Die erste Musterzulassung ist ein entscheidender Meilenstein 

Die länderspezifischen Zulassungen für elektrisch senkrecht startende und landende Luftfahrzeuge (eVTOL), entsprechen weitgehend den Anforderungen an herkömmliche Flugzeuge. Allerdings müssen sich die Zivilluftfahrtbehörden weltweit anpassen, um die grundlegenden Unterschiede der eVTOL-Technologie und des Betriebs im Vergleich zu herkömmlichen Flugzeugen berücksichtigen zu können. Die Musterzulassung ist die offizielle Bestätigung der Flugtauglichkeit eines bestimmten Modells und stellt den ersten Schritt für die breite Markteinführung von eVTOL in einem Land dar.  

Viele Unternehmen befinden sich derzeit in dieser Phase ihrer Geschäftsentwicklung, in der sie ihre eigenen eVTOL konstruieren und die Zulassung anstreben. Die größte Hürde und einen wesentlichen Unsicherheitsfaktor für die Entwickler stellte bislang die endgültige Festlegung der Anforderungen und Vorschriften der Musterzulassung durch die European Union Aviation Safety Agency (EASA) und die US-amerikanische Federal Aviation Administration (FAA) dar.  

Die damit verbundenen Anforderungen sind nicht nur anspruchsvoll für die Konstrukteure, sondern setzen auch entscheidende Akzente für die späteren Startbedingungen bei der Expansion in neue Märkte. Viele Länder orientieren sich an den Regelwerken der FAA oder der EASA und übernehmen entsprechende Regelungen in Ihre eigenen Regularien. Unternehmen, die in Regionen operieren, in denen die Regulierungsregime der EASA oder FAA gelten, expandieren typischerweise leichter in Regionen, die sich an den Regelungen der europäischen und US-amerikanischen Aufsichtsbehörde orientieren, als in Ländern, die abweichende „Philosophien“ folgen. 

Entwicklung und Regulierung gehen mit hohem Tempo voran 

Gerade erst hat die EASA einen Entwurf für Regeln für den Betrieb von Lufttaxis in Städten veröffentlicht – den ersten umfassenden Vorschlag für derartige Vorschriften weltweit. Der Entwurf für den neuen Rechtsrahmen steht bis Ende September zur öffentlichen Konsultation und umfasst die technischen Bereiche Lufttüchtigkeit, Flugbetrieb, Lizenzierung der Flugbesatzung und Luftverkehrsregeln. Dies schafft neue Klarheit über den Zertifizierungspfad, der in Europa für neuartige eVTOL entsteht, und befreit die europäischen Entwickler aus ihrer bisherigen Unsicherheit. 

Damit setzt die EASA gleichzeitig die US-Behörden unter erheblichen Zugzwang. Diese waren erst vor kurzem auf die europäische Linie eingeschwenkt, alle eVTOL als eine „special class“ (14 CFR § 21.17 (b)) zu definieren mit der Konsequenz, ein eigenes Regelwerk für diese entwickeln zu müssen. Die neue Regulierung der FAA wurde von der amerikanischen Industrie vorrangig kritisch aufgenommen. Durch die notwendigen Anpassungen im Entwicklungsprozess und die einhergehende, lange Regulierungsphase, befürchtet man einen Geschwindigkeitsverlust. Dieser könnte sowohl amerikanische Unternehmen ausbremsen wie auch eine wachsende Zahl Drittländer motivieren, die EASA-Regeln zu adaptieren, wodurch europäische Unternehmen einen relevanten Marktvorteil in der kritischen Expansionsphase erhalten würden. Eine solche Entscheidung hat beispielsweise die Luftverkehrsbehörde des Vereinigten Königreichs bereits beschlossen. 

Die enge Kommunikation zwischen Politik und Unternehmen wird entscheidend für den Erfolg sein 

Die rasche Weiterentwicklung und zunehmende Komplexität des industriellen Umfelds erfordern eine in Zukunft noch intensivere und koordinierte Abstimmung mit allen beteiligten Akteuren. Neben der Festlegung der Anforderungen für die Musterzulassungen gibt es auch in Hinblick auf die „licence to operate“, insbesondere bezüglich der Nutzung und Koordination des Luftraums, wie auch bei der Schaffung der notwendigen Infrastruktur und der regelmäßigen Integration in lokale Strukturen großen Abstimmungsbedarf mit unterschiedlichsten Interessengruppen.   

Um Erfolg in dieser Industrie zu haben, bleibt es weiterhin entscheidend, die Diskurse und Philosophien der jeweiligen Regulierungsbehörden zu kennen, insbesondere auf der jeweils anderen Seite des Atlantiks. Behördenvertreter laden Marktteilnehmer zunehmend aktiv dazu ein, Kontakt aufzunehmen und suchen den Austausch. Diese enge Zusammenarbeit wird in Zukunft voraussichtlich zu einer entscheidenden Dimension im Rahmen von Due Diligence-Prüfung und sich signifikant auf die Marktbewertung auswirken. Investoren, die sich für den UAM-Markt interessieren, werden sich in Zukunft immer stärker damit auseinandersetzen müssen, wie diese Faktoren die zukünftige Skalierbarkeit der Geschäftsmodelle beeinflussen. 

Darüber hinaus stellt die Entwicklung von elektrisch angetriebenen Regionalflugzeugen bereits die nächste hochkomplexe Herausforderung dar, bei der sich Industrie und Regulierungsbehörden im Hinblick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit eng abstimmen müssen. Wer sich bereits jetzt mit UAM befasst und dabei Erfahrungen damit sammelt, wie man im Takt und Austausch mit den Regulierungsbehörden entwickelt, und die weltweit entscheidenden Diskurse im Blick behält, wird sicher in den kommenden Jahren und zukünftigen Themen einen großen Vorteil daraus ziehen können.