Gemeinsam mit dem Hamburger Tech-Unternehmen Wunder Mobility veröffentlichen wir einen monatlichen Mobility-Policy-Newsletter. Im Fokus stehen alle Fragen rund um das Thema Mobility, Regulierung und Technologie. Auf unserem Blog veröffentlichen wir nun den nächsten Artikel aus dem Newsletter: Ein Interview mit Stefan Schmidt, Public Affairs Manager bei Primagas:


Herr Schmidt, angesichts der weltweit steigenden Anforderungen an die Transportbranche könnten Liquefied Petroleum Gas (LPG) – ein Flüssiggas und Nebenprodukt, das beispielsweise bei der Gewinnung von Rohöl entsteht – und die verflüssigte Form von Methan, Liquefied Natural Gas (LNG), eine wichtige Rolle im Verkehrssektor spielen. Welche beider Flüssiggasformen hat das größere Potenzial für Deutschlands zukünftige Mobilität?

Das ist zunächst einmal eine Frage des Sektors. Es gibt sinnvolle Potenziale für LPG in den leichten Nutzfahrzeugen und im Bereich Pkw. C02 Emissionen können reduziert sowie Stickoxid- und Feinstaubbelastungen durch LPG gemindert werden. Im Schwerlastsektor sieht das anders aus. Aktuell gibt es keinen Lkw-Motor, der ausschließlich mit LPG betrieben wird. Daher ist das Potenzial von LNG dort größer.

Besonders der Schwerlastenverkehr führt zu einem großen Maße an schädlichen Emissionen. Wie hilft die LNG-Technologie dort?

Momentan gibt es außer LNG keine Alternative zum Dieselantrieb im Schwerlastentransport. Wasserstofftechnologie befindet sich in der Entwicklung, ist jedoch nicht marktreif. Batteriebetriebene Fahrzeuge sind für die Langstrecke aufgrund des zusätzlichen Gewichtes nicht geeignet. Im Bereich LNG wiederum besteht eine stetig wachsende Infrastruktur, welche sofort nutzbar ist.

Mit der Novelle des Klimaschutzgesetzes verschärfte die Bundesregierung Ihre Klimaschutzvorgaben. Die Anhebung der Co2-Minderung im Verkehrssektor auf 26 % bis 2030 ist ein deutliches Signal in Richtung nachhaltiger Antriebe. Mit LNG werden im Vergleich zur Nutzung von Diesel-Lkw 20 % weniger CO2 Emissionen ausgestoßen. Dieser Impact ist sofort realisierbar und dies sollte genutzt werden. Das große gemeinsame Ziel, Emissionen zu mindern, sollte für alle Akteure im Vordergrund stehen. Grundsätzlich gesprochen, spielen auch die Faktoren Luftverschmutzung und Lärmstörung bei LNG-betriebenen Lkw eine deutlich kleinere Rolle als bei mit Diesel betriebenen Sattelzügen. Kurz- und mittelfristig wird LNG durch BioLNG – also verflüssigtes und aufbereitetes Biogas – ersetzt. Die Emissionsreduktionen werden nochmals um ein Vielfaches höher sein, je nach Ausgangstoffen über 80%. Das kann im Schwerlastbereich keine andere Technologie.

Wie schauen Sie auf die bisherige Strategie der Bundesregierung?

Die Umsetzung der Treibhausgasminderungsquote (THG) war enorm wichtig. Sie hat eine gewisse Planungssicherheit für die gesamte Branche mit sich gebracht und somit Investitionssicherheit. Alternative Lösungen wie LNG sind gefragter denn je. Zwar hätte die THG-Minderungsquote höher ausfallen können, doch war sie als Weichenstellung sehr hilfreich.

Als schwieriger gestaltet sich die Mehrfachanrechnung von Strom, durch welche ein klares Zeichen für Elektromobilität als Schlüsseltechnologie für die kommenden Jahre gesetzt wird. Und das auf europäischer Ebene. Selbst einem mit Kohlestrom geladenen E-Fahrzeug werden weniger Emissionen verrechnet als einem Bio-LNG-Lkw. Außerdem solle der ganze Lebenszyklus eines Fahrzeugs berücksichtigt werden, wenn Emissionen berechnet werden. Bisher werden die Emissionen auf dem Papier kleingerechnet. Wenn Sie bei BEVs beispielsweise die komplette Vorkette aussparen, hilft das der Umwelt ausschließlich auf dem Papier – es handelt sich also Taschenspielertricks, wenn Sie so wollen. Wenn wir beispielsweise einen Blick auf den Gebäudebereich werfen, wird für die Festsetzung des Primärenergiefaktors selbstverständlich auch die Vorkette – also Emissionen bei Förderung, Bereitstellung, Logistik, etc. – mit einbezogen. Was ja nur sinnvoll ist, wenn man den Emissionen eines Produktes Rechnung tragen will.

Was wünschen Sie sich also von einer neuen Bundesregierung?

Zum einen sollte diese Diskrepanz beseitigt werden, der sogenannte well-to-wheel Ansatz muss in allen Sektoren zum Standard werden. Es muss um die Emissionseinsparungen gehen, nicht um die genutzte Technologie. Für diesen technologieoffenen Ansatz sollte sich die eine neue Bundesregierung auf europäischer Ebene stark machen. Außerdem wäre Klarheit und langfristige Planung im Bereich Förderprogramme wünschenswert, damit Industrie und Investoren entsprechend planen können. Generell sollten alle Bereiche von E-Mobilität über Wasserstoff bis hin zu Flüssiggas in den Strategien der Bundesregierung berücksichtigt werden. Auch eine Strategie und somit eine klare Zielrichtung bezüglich der Entwicklung und Verwertung der Potenziale von Biomethan wäre von großem Vorteil.

Wie kann sich die Nutzung von LNG in den nächsten Jahren entwickeln? Welches Potenzial kann tatsächlich realisiert werden?

Aktuell ist mehr LNG vorhanden, als benötigt wird. Die Nutzung des Treibstoffes kann also erheblich ausgebaut werden. Die Infrastruktur Deutschlands ist sehr gut ausgebaut und bietet beste Voraussetzungen. Fossiles LNG kann als Brückentechnologie Engpässe überbrücken. Der Weg hin zu Biokraftstoffen ist jedoch klar vorgegeben. Auch klar ist, dass ein Mix der Technologien notwendig sein wird, um die zukünftigen Mobilitätsbedürfnisse Deutschlands abdecken zu können. Sie sehen heute beispielsweise, dass die Deutsche Post die sogenannte letzte Meile – also die unmittelbare Zustellung – mit E-Fahrzeugen bewerkstelligt, einfach weil es vielerorts Sinn ergibt. Einen E-LKW, der die großen Mengen an Sendungen auf dem Weg zur letzten Meile über Autobahn und Landstraße von A nach B bewegt, werden Sie allerdings vergeblich suchen, weil es keinen Sinn ergibt. Dort liegt die Zukunft von (Bio)LNG und sein Beitrag zur Emissionsminderung im Verkehrssektor.

  • Beitrag von Paula Böcken, Johannes Söller Deprecated: Function strftime() is deprecated in /mnt/web320/e2/23/59262923/htdocs/WordPress_02/wp-content/plugins/qtranslate-xt-3.12.1/qtranslate_date_time.php on line 145 Deprecated: Function strftime() is deprecated in /mnt/web320/e2/23/59262923/htdocs/WordPress_02/wp-content/plugins/qtranslate-xt-3.12.1/qtranslate_date_time.php on line 201 18.8.2021
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