Geldwäscheprävention ist ein dynamisches Politikfeld. Regulierung, Aufsicht und Strafverfolgung müssen bestehende Maßnahmen laufend evaluieren und weiterentwickeln, um auf neue Risiken zu reagieren. Für verpflichtete Unternehmen bedeutet das regelmäßige Anpassungen ihrer Präventionsmaßnahmen. Die gesammelten Erkenntnisse zu Stärken und Schwächen fließen wiederum in die politische Bewertung ein – aus der sich dann Konsequenzen für die Befugnisse und Zuständigkeiten der jeweiligen Behörden ergeben. Die Fortentwicklung der Geldwäscheprävention ist ein Kreislauf.

Die kommende Bundestagswahl begünstigt dabei Impulse zu nachhaltigen Veränderungen und Weichenstellungen. Geldwäsche und ihre Bekämpfung sind „Wahlkampfmaterial“ – spätestens seit sie durch die Debatte um mögliche Aufsichtsversäumnisse bei Wirecard an zusätzlicher Prominenz gewonnen haben. Daneben arbeitet die Europäische Kommission aktuell an einer umfassenden Reform der Präventionsauflagen und der Aufsichtsstrukturen. Deutschlands „Compliance-Überprüfung“ durch die Financial Action Task Force (FATF) der OECD im November rückt ebenfalls näher.

Genug Anlass für die Parteien, die Geldwäscheprävention auch im Rahmen der Bundestagswahl aufzugreifen. Die Einschätzungen zum „Reformbedarf“ unterscheiden sich stark. Je nach Regierungskonstellation nach der Bundestagswahl müssen sich verpflichtete Unternehmen darauf einstellen, dass selbst die Frage der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde neu beantwortet wird. Dagegen ist bereits klar, welches Personal die Parteien mit den Themen betrauen – was es Unternehmen ermöglicht, ihre Kernanliegen bereits heute und vor dem Start eventueller Koalitionsverhandlungen im politischen Raum zu verankern.

Die Debatte in den Wahlprogrammen dreht sich um drei zentrale Fragen:

Wer ist künftig für die Bekämpfung von Geldwäsche zuständig?

Gerade im Nicht-Finanzsektor ist die Aufsichtsstruktur aktuell äußerst „regionenabhängig“. In Niedersachsen und Rheinland-Pfalz sind jeweils die Kommunen zuständig, während in Bayern zwei Regierungen die Aufsicht über die Regierungsbezirke untereinander aufteilen.

Die CDU/CSU will in den Grundzügen an dieser „Aufsicht vor Ort“ festhalten – insbesondere, da die lokalen Aufsichtsbehörden näher an den Verpflichteten sind. Die SPD nimmt dagegen ausschließlich den Finanzsektor und die dort zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in den Blick. Diese solle „mehr Kompetenzen bei der Geldwäscheaufsicht auch für große Unternehmen über ihre bisherige Aufsichtszuständigkeit hinaus“ erhalten. Dies lässt sich auch als Reaktion auf den „Fall Wirecard“ lesen. Zudem will die SPD die „Kompetenzen des Zolls weiter stärken“.

Die Grünen kommen zu einer deutlich negativeren Analyse des Ausgangspunktes. In ihren Augen ist Deutschland „derzeit ein Paradies für Geldwäsche“. Es brauche daher „bundesweite Mindeststandards für Aufsicht, Prüfungen, Ressourcen und Personal“. Bei der Bekämpfung der Geldwäsche solle die Zuständigkeit „vollständig auf den Bund übergehen“. In Koalitionsverhandlungen mit der Union wäre dies ein potenziell kontroverser Punkt.

Im Wahlprogramm der Grünen wird dieser Punkt nicht näher spezifiziert. Umzusetzen wäre er beispielsweise durch eine Zentralisierung der entsprechenden Strafverfolgungskompetenzen beim Bundeskriminalamt (BKA). Dort wurde die Financial Intelligence Unit (FIU) 2017 erst mühsam „herausgelöst“ und zum Zoll transferiert. Bei der künftigen Rolle der FIU verfolgen die Parteien ebenfalls unterschiedliche Vorstellungen.

Wie wird die Financial Intelligence Unit (FIU) weiterentwickelt?

Nachdem die FIU in den Zuständigkeitsbereich des Zolls transferiert wurde, häuften sich zunächst die negativen Berichte über den „Aktenstau“. Während diese Probleme in weiten Teilen verschwunden sind, dreht sich die Debatte nun um die genaue Rolle der FIU.

Die Grünen vertreten eine klare Auffassung. Es brauche eine „aktive Rolle“ von Aufsichten und Meldewesen, anstatt „Verdachtsmeldungen nur weiterzureichen“. Eine mögliche Konsequenz hieraus wären Ermittlungskompetenzen für die FIU, wie sie unter anderem das Max-Planck-Institut anregt.

In diesen Bestrebungen hätten die Grünen einen „unerwarteten Verbündeten“. Das Bayerische Innenministerium hat im Rahmen der Innenministerkonferenz die Debatte angestoßen, ob die FIU nicht beim BKA angesiedelt werden sollte. Dies war vor 2017 der Fall. Weitere unionsgeführte Länder haben sich bisher aber nicht zu dem Vorschlag positioniert. Eine praktische Hürde ist das beim BKA geltende Legalitätsprinzip: Jedem Verdacht einer Straftat muss nachgegangen werden, ohne Ermessensspielraum für die Strafverfolgungsbehörde. In ihrer aktuellen Konzeption ist die FIU dagegen bewusst als „administrative Behörde“ eingerichtet, um dem „verwaltungsrechtlichen Charakter des geldwäscherechtlichen Meldewesens zu entsprechen“ und entsprechende Verpflichtungen zu vermeiden. Dies hat die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen in dieser Legislaturperiode geantwortet. Vor einer möglichen Kompetenzänderung sind daher mindestens ausführliche Diskussionen und Prüfungen zu erwarten.

Wie blicken die Parteien auf die laufende Reform auf EU-Ebene?

Geldwäsche ist ein grenzüberschreitendes Problem, und der Kampf gegen sie muss es ebenfalls sein. Die Europäische Kommission überprüft und überarbeitet aktuell Teile der „Anti Money Laundering Directive“ (AMLD), welche Grundlage des deutschen Geldwäschegesetzes (GwG) ist.

Aus den Überlegungen der Europäischen Kommission greift das Wahlprogramm der CDU/CSU einen zentralen Punkt heraus: Die möglicherweise neu zu schaffende „EU-Behörde zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ solle in Frankfurt am Main angesiedelt werden. Hierfür werde man sich einsetzen.

Die Grünen adressieren hingegen einen anderen Vorschlag der Europäischen Kommission. Sie wollen die „Einführung einer hohen Obergrenze für Bargeldzahlungen“ prüfen. Das bietet Konfliktpotenzial für Verhandlungen mit der Union. Deren Wahlprogramm hält fest: „Bargeld ist gelebte Freiheit“. Diese Position teilt die FDP. Sie will sich für die „uneingeschränkte Nutzbarkeit von Bargeld als Zahlungsmittel“ einsetzen. In „Jamaika“-Verhandlungen hätten die Grünen also viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Zentrale Akteure der kommenden Legislatur zeichnen sich bereits heute ab

Wer entsprechende Sondierungen und Koalitionsverhandlungen für die einzelnen Parteien führen würde, zeichnet sich bereits heute ab: In jeder der Parteien gibt es profilierte Expertinnen und Experten, welche sich größtenteils erneut um ihr Bundestagsmandat bewerben werden.

Auf der Ebene der Berichterstatter im Finanzausschuss des Bundestags zeigt sich dies besonders deutlich. Sepp Müller (CDU) und Dr. Jens Zimmermann (SPD) treten beide erneut an, und haben relativ aussichtsreiche Plätze auf den jeweiligen Landeslisten ihrer Parteien erlangt. Bei den bisherigen Oppositionsparteien ist der Wiedereinzug der Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker noch wahrscheinlicher: Lisa Paus (Grüne) kandidiert auf Listenplatz 1 der Berliner Grünen, und Dr. Florian Toncar (FDP) belegt den ebenfalls sehr aussichtsreichen Listenplatz 5 bei der FDP Baden-Württemberg. Nur die Linke muss sich personell neu aufstellen, da sie durch das Ausscheiden Fabio de Masis einen profilierten finanzpolitischen Kopf verliert.

In Koalitionsverhandlungen werden also „alte Bekannte“ aufeinandertreffen. Für verpflichtete Unternehmen bedeutet das: Der Kontakt zu den Entscheiderinnen und Entscheidern kann bereits jetzt gesucht bzw. intensiviert werden. Denn unabhängig vom Ausgang der Koalitionsverhandlungen zeichnet sich die erste gemeinsame Herausforderung bereits ab. Im November steht die Überprüfung Deutschlands durch die Financial Action Task Force (FATF) an. Deutschlands Umsetzung der einschlägigen internationalen Standards zur Geldwäscheprävention wird überprüft. Hier ein gutes Bild abzugeben, ist ein gemeinsames Interesse von Politik und Unternehmen – bevor die Ergebnisse der Prüfung und die neuen europäischen Anforderungen den nächsten Anpassungszyklus der deutschen Geldwäscheregulierung einläuten.