• Digitalisierungsschub: Viele Verbänden haben aufgrund der Corona-Krise digitale Tools für Ihre Verbandsarbeit angeschafft, die sie vorher noch nicht genutzt hatten.
  • Ressourcenmangel: Als Grund, warum sie die Vorzüge der Digitalisierung noch nicht optimal nutzen, nennen die betroffenen Verbände den Mangel an Personal, Zeit und Geld.
  • Potential: Die meisten Verbände verwenden keine professionellen Tools für das Politikfeld- und Medienmonitoring.

Die digitale Transformation der deutschen Politik läuft seit vielen Jahren. Zeit für eine Bestandsaufnahme in der deutschen Verbändelandschaft. Zu diesem Zweck haben wir die beim deutschen Bundestag registrierten Verbände befragt, wie sie sich aufgestellt haben: Welche Tools nutzen sie für ihre Verbandsarbeit? Was hindert Verbände daran, die Vorzüge der Digitalisierung noch stärker zu nutzen? Hat die COVID-19-Krise einen Digitalisierungsschub ausgelöst?

Unser Fazit: Vieles läuft gut, es gibt aber auch noch viel Potential. Gerade im Bereich der Politik- und Medienbeobachtung und des Stakeholdermanagements arbeiten viele Verbände noch manuell. Hier kann man mit dem richtigen Einsatz von Tools und Technologie die Verbandsarbeit noch viel effizienter und effektiver gestalten.

Relevante Informationen identifizieren sich besser digital

Die Informationslandschaft der deutschen Politik hat sich in den letzten Jahren stetig verändert und erweitert. Sie wird zum einen breiter, z.B. durch neue Social Media Plattformen wie Tik Tok. Zum anderen wird sie tiefer, weil mehr und mehr Akteure die Kanäle nutzen. Eine Kernaufgabe von Verbänden (und eigentlich jedem politischen Akteur) ist es, aus dieser Informationsvielfalt die für sich relevanten Informationen zu identifizieren.

Die befragten Verbände sehen sich hier gut aufgestellt, auch wenn sich nur knapp ein Viertel als sehr gut aufgestellt betrachtet.

 

Welche Rolle spielt die Digitalisierung hier? Verbände die eine digitales Tool zur Politik- und Medienbeobachtung einsetzten, kreuzten deutlich häufiger an, dass es ihnen sehr gut gelingt die relevanten Informationen zu identifizieren.

 

Ein ähnlicher Effekt lässt sich auch bei der Frage nach dem Einsatz von Dienstleistern beobachten. Auch hier führte der Einsatz eines Dienstleisters zu einem höheren Anteil an Verbänden, die sich sehr gut in der Lage sehen, mit der Informationsvielfalt umzugehen.

 

Tools und Technik: Was wird genutzt?

Befragt nach den eingesetzten Tools zur Politik- und Medienbeobachtung zeigt, dass die Medienbeobachtung einen höheren Stellenwert einnimmt. Unter den 8 Tools, die von mehr als 1% der Befragten genutzt werden, dienen fünf der Medienbeobachtung. Mit Panalis und Policylead gibt es noch zwei Plattformen, deren Fokus auf dem Politikmonitoring liegt, auch wenn beide ebenfalls Medienquellen einbinden. Auf Platz 3 hält sich weiterhin das Universaltool Google Alerts.

Bei der Frage, ob Monitoring-Tools eingesetzt werden, zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang mit der Größe des Verbandes: Je größer, desto wahrscheinlicher wird auf Tools zur Beobachtung zurückgegriffen. Da größere Mitarbeiterzahlen in der Regel auch mit größeren Budgets einhergehen, ist das nicht direkt verwunderlich. Denn auch wenn die genannten Tools, richtig eingesetzt, einen großen Mehrwert versprechen, so ist es das Preisschild manchmal eben auch.

 

 

Neben der Beobachtung des politisch-medialen Geschehens ist das Beziehungs- und Stakeholdermanagement für Verbände eine weitere wichtige Aufgabe. Daher haben wir gefragt, ob ein entsprechendes Tool eingesetzt wird. Man spricht hier häufig von CRM-Tools (Customer Relationship Management), teilweise auch von xRM oder SRM.

In der Befragung sehen wir, dass deutlich mehr Verbände sich Gedanken über das Beziehungsmanagement machen, als über die Politik- und Medienbeobachtung. Nur 38% verzichten hier auf ein Tool im Vergleich zu 60% beim Monitoring. Allerdings ist das meistgenutzte Tool kein dezidiertes CRM-System sondern die Allzweckwaffe Excel. Danach folgen 3 CRM-Systeme, die dezidierte Angebote für Verbände und politische Kommunikation machen.

 

Wie sieht es mit der Zukunft aus? Gut ein Viertel der befragten Verbände plant in den nächsten Monaten in ein Tool zu investieren. Dabei liegt der Fokus insbesondere auf der Politik- und Medienbeobachtung. Qua Corona sind aber auch Tools für das gemeinsame digitale Arbeit hoch auf der Agenda.

Zusammenarbeit mit Dienstleistern

Wie in allen Organisationen und Unternehmen lässt sich auch bei Verbänden nicht alle Aufgaben intern abbilden. Daher haben wir in einer Reihe von Feldern im Bereich der digitalisierten politischen Arbeit nach dem Einsatz von Dienstleistern gefragt. Die Erkenntnis, je spezieller und je weniger „out-of-the-Box“-Lösungen es in dem Bereich gibt, desto eher wird auf Dienstleister zurückgegriffen.

Anders als beim Einsatz von Politik- oder Medienbeobachtungstools, sind es nicht nur die größeren Verbände, die auf Dienstleister setzen. Gerade kleine Verbände lagern bestimmte Aufgaben deutlich häufiger aus.

 Projektbasiert wird deutlich häufiger auf Dienstleister im Bereich der Software-Lösungen zurückgegriffen. Es überrascht aber, dass mit 21 Prozent ebenfalls recht viele Verbände sehr kontinuierlich in die Pflege und Weiterentwicklung der eigenen Webseiten oder Apps investieren.

 

 

Über die Hälfte der Verbände nutzt Umfragen

52 Prozent der befragten Verbände haben im letzten Jahr selbst eine Umfrage durchgeführt oder von einem Institut durchführen lassen (12 Prozent). Dies betrifft sowohl interne (Mitglieder) wie externe Umfragen. Es zeigt, dass viele Verbände inzwischen aktiv Daten generieren, ob für die eigene Arbeit oder für die politische Argumentation.

 

Digitalisierung und der Einfluss von Corona

Die Corona-Krise hat viel zur Entwicklung der Digitalisierung in den Verbänden beigetragen. Über 40 Prozent der Verbände investierten aufgrund der Corona-Krise in neue Software.

 

Im Vordergrund standen dabei Tools für gemeinsamen Arbeiten wie Zoom und Microsoft-Teams.

 

2/3 Drittel der Verbände nutzen die Vorzüge der Digitalisierung in der Verbandsarbeit nach eigener Aussage. 1/3 sieht hier aber noch deutliches Ausbaupotential.

 

Hier zeigt sich auch wieder ein kleiner Unterschied nach der Größe des Verbandes. Größere Verbände sehen sich im Schnitt besser aufgestellt als kleine Verbände.

 

Die Verbände, die für sich noch Ausbaupotential sehen, tun dies vor allem aus 3 Gründen: Es fehlt an ausreichend qualifiziertem Personal, an Budget und an Zeit.

 

Die Methodik der Verbände-Befragung

Zwischen dem 15. Juni und dem 7. Juli haben wir 114 beim Deutschen Bundestag registrierte Verbände (2.317) mit Hilfe eines teil-standardisierten Fragebogens im Rahmen von Computergestützten Webinterviews befragt.

Der kleinste Verband, der an der Befragung teilgenommen hat, hat 3 Mitglieder, der größte Verband rund 75.000.

Die Anzahl der Mitarbeiter in den Geschäftsstellen der Verbände liegt zwischen 0 und 150.

Bei den meisten Verbänden handelt es sich um Branchenverbände (37 Prozent), gefolgt von Berufsverbänden (19 Prozent) und Unternehmensverbänden (16 Prozent).