Gemeinsam mit dem Hamburger Tech-Unternehmen Wunder Mobility veröffentlichen wir ab sofort einen monatlichen Mobility-Policy-Newsletter. Im Fokus stehen alle Fragen rund ums Thema Mobility, Regulierung und Technologie. Auf unserem Blog veröffentlichen wir nun den dritten Artikel aus dem Newsletter, der heute (16. März) erstmals erscheint:
Das digitale Zeitalter ist per Definition auf Daten aufgebaut. Daten sind das Rückgrat von Forschung, Information und Experimenten; in unserer modernen Welt sind Daten im wahrsten Sinne des Wortes überall vorhanden. Gerade weil Daten so weit verbreitet sind, wird es ohne eine solide Datenerfassung immer schwieriger, informierte Entscheidungen zu treffen.
Auch wenn sich alle über den Nutzen der Datenanalyse einig sind, befindet sich eine zuverlässige Dateninfrastruktur für viele Mobilitätsunternehmen und Kommunalverwaltungen noch immer in den Kinderschuhen. Aus diesem Grund hat die Verkehrsbehörde von Los Angeles (LADOT) in dem Versuch, gleiche Ausgangsbedingungen und einen Rahmen für die Städte zu schaffen, einen Standard für die Spezifikation von Mobilitätsdaten („Mobility Data Specification“, kurz: MDS) geschaffen.
Vereinfacht ausgedrückt besteht MDS aus drei verschiedenen Schnittstellen, den sogenannten APIs:
- Die Anbieter API, die von Mobilitätsbetreibern oder -anbietern implementiert und von den Regulierungsbehörden benutzt wird, verwendet historische Daten, um den Städten einen standardisierten Rahmen zur Verfügung zu stellen.
- Die sogenannte Agency API wird von lokalen Regierungen für Mobilitätsbetreiber implementiert und betrachtet Statusänderungen, wenn ein Benutzer beispielsweise eine neue Fahrt auf einem Roller beginnt oder ein Carsharing-Auto vor dem Verlassen des Fahrzeugs sperrt.
- Nicht zuletzt wird die Richtlinien-API von Behörden für Betreiber eingeführt und informiert die Betreiber über Vorschriften und Regeln, prüft, ob sie diese Regeln einhalten, und ermöglicht es ihnen, ihre Angebote entsprechend anzupassen.
„Mobility Data Specification“ (MDS) wurde entwickelt, um den Städten die Möglichkeit zu geben, eine Mischung aus privaten und öffentlichen Mobilitätsangeboten in ihrem Gebiet zu analysieren und zu regulieren; es bietet Städten in einer zunehmend vernetzten Welt eine verlässliche Grundlage. Sie werden in die Lage versetzt, entsprechend zum Nutzen ihrer Einwohner zu planen, zu entscheiden und auf der Grundlage von Daten zu handeln. Eine Schlüsselkomponente von MDS besteht darin, den Behörden regulatorische Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, was in der heutigen digitalen Gesellschaft ohne eine Fülle von Daten nur noch schwer möglich ist.
Begriffe wie „Datenfülle“ lösen bei den Nutzern jedoch verständlicherweise Unbehagen aus. Dystopische Visionen von Big-Brother-ähnlichen Datenerfassungssystemen, bei denen hochsensible und persönliche Daten frei mit der Regierung geteilt werden, sind noch weit entfernt. Dennoch, viele Nutzer sind zu Recht skeptisch, ihre Daten mit Städten und/oder Unternehmen zu teilen. Umso wichtiger ist der Hinweis darauf, dass die Betreiber gemäß den MDS-Richtlinien keine persönliche Benutzerdaten an Städte weitergeben, da diese für politische Entscheidungen nicht benötigt werden.
In Europa ist die Skepsis gegenüber MDS außerdem noch größer, da einige Elemente der MDS-Richtlinien im Widerspruch zu den Richtlinien der DSGVO zu stehen scheinen. Auf dem europäischen Kontinent braucht die DSGVO vermutlich keine Einführung: Es ist das wohl berühmteste Gesetz über den Schutz der Privatsphäre und der Daten in der Welt. Wenn es um Datensicherheit, -begrenzung und -genauigkeit geht – alles sehr wichtige Themen, die von der DSGVO abgedeckt werden – ist es wahr, dass MDS nicht explizit ins Detail geht. Dennoch ist es wichtig zu betonen, dass MDS im Kern aus einer Reihe von Richtlinien besteht, die den Städten helfen sollen, einen Überblick zu gewinnen, und es sich nicht um ein Gesetzespaket handelt, welches die Rechte von Städten und Betreibern einschränkt. Es läge also im besten Interesse der Städte, die für sie spezifisch relevanten Aspekte der MDS zu nutzen.
Ein Aspekt der MDS, der oft negative Aufmerksamkeit erregt, ist die Echtzeit-Datenerfassung. MDS schlägt vor, den Anfangs- und Endort jeder Reise in Echtzeit aufzuzeichnen und die tatsächliche, detaillierte Route zwischen diesen Orten innerhalb von 24 Stunden zu übertragen. Benötigen Städte diese Daten, um fundierte politische Entscheidungen zu treffen? Die Antwort lautet „ja“: ohne diese Daten sind Städte nicht in der Lage, im Vergleich mit privaten Anbietern konkurrenzfähig zu bleiben. Das bedeutet aber nicht, dass es sich um Echtzeitdaten handeln muss – die Datenerhebung kann verzögert und aggregiert werden, ohne ihre Wirksamkeit zu verlieren.
Trotz der Tatsache, dass MDS vielleicht nicht sehr detailliert ist, ist es dennoch ein äußerst wichtiger und flexibler Satz von Spezifikationen, der den Kommunen weitaus mehr helfen kann als ihnen zu schaden. Das bahnbrechende System ist in der Branche konkurrenzlos – bisher ist es der umfassendste Rahmen, den Städte für die Analyse von Daten haben. Wenn Städte einen Überblick über Mobilitätsangebote erhalten, sind sie befugt, diese entsprechend zu regulieren, was letztlich zu einer besseren Lebensqualität für die Stadtbewohner führt. Denn wenn wir bisher etwas aus unserer datengesteuerten Gesellschaft gelernt haben, dann, dass städtebauliche Entscheidungen auf der Grundlage tatsächlicher Daten immer klüger sind, als reine Annahmen zu treffen.
Da die Daten aber zum kollektiven Vorteil genutzt werden, ist es von entscheidender Bedeutung, dass gleichzeitig auch die Privatsphäre ihrer Urheber respektiert wird. Wir würden uns selbst einen schlechten Dienst erweisen, wenn wir es riskierten, das Vertrauen der Nutzer und Betreiber zu verlieren. Diese sollten häufig darauf aufmerksam gemacht werden, dass Städte auf ihrer Seite stehen und es als Ihre Aufgabe sehen, als Verbindungsglied zwischen privaten Unternehmen und der Öffentlichkeit fungieren.
MDS mit seiner flexiblen Implementierung ist der Beweis dafür, dass alle neuen Datenrahmen gründlich geprüft und diskutiert werden müssen, bevor sie in die Praxis umgesetzt werden. Da wir uns noch am Anfang der Analyse von Mobilitätsdaten befinden, ist dies der perfekte Zeitpunkt, um auf einen regulatorischen Rahmen hinzuarbeiten, der funktional und für alle Beteiligten vorteilhaft ist. Dies ist eine gemeinsame Bestrebung, deren Erfolg direkt davon abhängen wird, wie gut alle Parteien an einem Strang ziehen. Das bedeutet, dass wir jetzt mehr denn je auf die Zusammenarbeit von privaten Betreibern und Kommunen bauen müssen, um gemeinsam eine effiziente Zukunft für alle zu gestalten. Die Schaffung datengestützter Rahmenbedingungen, die die Interessen sowohl des privaten als auch des öffentlichen Sektors im Auge behalten, ist dabei ein Schritt in die richtige Richtung.
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