China-Strategie der Bundesregierung, Juli 2023

 

Hintergrund

China hat sich verändert, was eine Veränderung des Umgangs mit China erforderlich macht. China ist für Deutschland gleichzeitig Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale. Deutsche Unternehmen sehen sich in China mit Marktzugangsbeschränkungen, ungleichen Wettbewerbsbedingungen und erzwungenem Technologietransfer konfrontiert. Die Datengesetzgebung in China wirft zusätzliche Bedenken bezüglich Datenschutz und Datensicherheit auf.

Mit der Veröffentlichung der China-Strategie der Bundesregierung stellt sich für Akteure aus Deutschland die Frage, welche neuen Entwicklungen und Herausforderungen sich ergeben könnten und welche Aspekte sie nun in Bezug auf ihre Beziehungen mit China beachten müssen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Strategie in der Praxis umsetzt und inwiefern sie zu einer Anpassung des Umgangs mit China führen wird. Dabei sind mögliche Chancen und Risiken in den Wirtschaftsbeziehungen sowie die Bedeutung von Technologiepartnerschaften und geopolitischen Überlegungen entscheidende Punkte, die in diesem Zusammenhang aufgeworfen werden.

Ziele

Die China-Strategie verfolgt das Ziel, den Umgang mit China anzupassen und die Interessen Deutschlands und Europas zu wahren. Sie umfasst bilaterale Beziehungen, Stärkung der EU und internationale Zusammenarbeit. Fairness, Nachhaltigkeit und Reziprozität in den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit China stehen im Fokus. Sie zielt darauf ab, durch De-Risking Risiken zu mindern, ohne eine vollständige Entkopplung der Volkswirtschaften (De-Coupling) anzustreben.

Die Strategie betont den fairen Wettbewerb mit China. De-Risking und Diversifizierung der Lieferketten sollen die Verwundbarkeit der deutschen Wirtschaft reduzieren. Kritische Abhängigkeiten von China, besonders bei Metallen, Seltenen Erden, Lithiumbatterien, Photovoltaik und (veterinär-)pharmazeutischen Wirkstoffen, werden analysiert. Die Bundesregierung plant, alternative und nachhaltige Bezugsquellen zu unterstützen.

Die Stärkung der Innovationskraft Deutschlands und Europas in grünen Technologien wird angestrebt, um die Produktionskapazitäten auszubauen. Dabei sollen Schlüsseltechnologien wie Halbleiter, Künstliche Intelligenz und grüne Technologien weiterentwickelt und geschützt werden. Die Forschungspolitik soll durch erhöhte Investitionen in Forschung und Entwicklung auf 3,5% des BIP bis 2025 gestärkt werden.

Investitionsprüfungen und Exportkontrollen sollen Sicherheitsrisiken reduzieren und ungewollten Technologietransfer verhindern. Unternehmen sollen geopolitische Risiken in ihren Entscheidungen angemessen berücksichtigen. Die Prüfung von Auslandsinvestitionen zielt darauf ab, die Unabhängigkeit in sicherheitskritischen Bereichen und soll die Versorgung der Bevölkerung in relevanten Sektoren bewahren. In Bezug auf den Cyberraum werden faire Regulierung und ein freier grenzüberschreitender Datenverkehr angestrebt. Gleichzeitig sollen Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz gegen hybride Bedrohungen ergriffen werden, insbesondere im Bereich des Wirtschaftsschutzes vor Wirtschafts- und Wissenschaftsspionage.

Bewertung

Die China-Strategie der Bundesregierung zeigt ein ausgewogenes Verständnis der Herausforderungen und Chancen in den Beziehungen, auch wenn sie eindeutig ein Kompromiss der Ampel-Parteien ist. Sie betont faire und nachhaltige Wirtschaftsbeziehungen, Schutz vor Technologietransfer und Industriespionage. Reduzierung der Lieferketten-Verwundbarkeit und Bezugsquellen-Diversifizierung sollen die Wirtschaftsresilienz stärken. Die Strategie erkennt die Bedeutung von Schlüsseltechnologien und technologischer Souveränität an, gleichzeitig könnte deren Sicherung internationale Technologiepartnerschaften beeinflussen.

Wirtschaftsrisiken sollen durch De-Risking gemindert und nachhaltige Investitionen gefördert werden. Gleichzeitig werden Unternehmen dazu aufgerufen, stärker geopolitische Risiken zu berücksichtigen, was Unsicherheit und Kosten bei Geschäften mit China und anderen Ländern zur Folge haben kann.

Investitionsprüfungen und Exportkontrollen könnten längere Genehmigungsverfahren und Investitionseinschränkungen verursachen, was den Investitionsfluss und die Flexibilität von Unternehmen beeinträchtigen kann. Bestehende Geschäftspläne und Partnerschaften könnten beeinträchtigt werden.

Internationale Unternehmen benötigen eine ausgewogene und investitionsfreundliche Herangehensweise, um das volle Potenzial von Auslandsinvestitionen zu nutzen. Ein attraktives Investitionsklima sollte gewährleistet bleiben und die internationale Zusammenarbeit gefördert werden.

An einigen Punkten, wie zum Beispiel bei der Unterstützung der Wirtschaft bei der Erschließung diversifizierter, nachhaltiger Bezugsquellen, fehlt es an konkreten Angaben, wie diese realisiert werden sollen.

Es ist jedoch positiv zu bewerten, dass sich die Bundesregierung für die Umsetzung der Strategie strukturelle Gedanken gemacht hat. So strebt sie eine vertiefte Koordinierung im Rahmen der bestehenden Strukturen an. Hierfür wurde eine Staatssekretärsrunde für China eingerichtet, und es findet eine regelmäßige Ressortkoordinierung statt. Die Regierung wird regelmäßig über den Fortschritt bei der Umsetzung der China-Strategie berichten und dabei den Bundestag und andere wichtige Akteure, insbesondere die Länder, einbeziehen. Zudem wird ein kontinuierlicher Austausch mit Wirtschaftsverbänden, Unternehmen und Gewerkschaften stattfinden.

Die Bundesregierung stützt sich in ihrer Chinapolitik vorwiegend auf Brüssel und sieht sich als eher als unterstützendes Element als individueller Akteur. Das ist teilweise auch realistisch. Es ist essenziell, dass im Zuge der Umsetzung der China-Strategie eine koordinierte EU-Politik angestrebt wird. Nur dann können fairere Handelsbedingungen erreicht und Herausforderungen in den Beziehungen mit China bewältigt werden. Es bleibt abzusehen, ob dies ohne die Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mitteln – was nicht vorgesehen ist – umgesetzt werden kann.