Der Kampf gegen Geldwäsche war im Wahlkampf ein großes Thema. Neben inhaltlichen Konfliktlinien zwischen den Parteien – Stichwort Bargeldobergrenze – spielten hierbei auch die Nachwehen des Wirecard-Skandals eine Rolle. Mit Ablauf des Wahltags ist die Diskussion um die Verbesserung von Deutschlands Schutzmaßnahmen gegen Geldwäsche aber glücklicherweise nicht verschwunden. In ihrem Koalitionsvertrag räumen SPD, Grüne und FDP dem Thema ein eigenes Unterkapitel ein. Doch auf welche Veränderungen müssen sich nach dem Geldwäschegesetz verpflichtete Unternehmen nun einstellen? Welche Akteure prägen künftig die Änderungen und Ausweitungen des rechtlichen Rahmens? Wer ist in Entscheidungsverantwortung gerückt? Und welche Entwicklungen auf EU- und OECD-Ebene werden das Handlungsfeld der neuen Bundesregierung prägen?


 

Der Koalitionsvertrag ist bei der Geldwäscheprävention ambitioniert. Das beginnt bei der Verbesserung der Strukturen: Folglich startet auch das Unterkapitel mit der Ankündigung, die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und EU „zu überprüfen“. Parallel soll das „strategische Vorgehen“ gegen Geldwäsche im Bundesministerium der Finanzen „organisatorisch und personell“ gestärkt werden. Gleiches gilt für die Financial Intelligence Unit (FIU).

Ein zentraler Ansatzpunkt hierbei ist der Aufbau der „notwendigen[n] Informations- und Erkenntnisgrundlage“. Diese Aufgabe wird als Voraussetzung für die „laufende Bewertung und Verbesserung der Effektivität der Geldwäschebekämpfung in Deutschland“ betrachtet. Auf dieser Basis soll die tatsächliche Abgabe von Geldwäsche-Verdachtsmeldungen aus dem Nicht-Finanzsektor analysiert und durch mehr Vollzug gesteigert werden. Parallel wird die auf EU-Ebene bereits geplante Bargeldobergrenze zumindest sektorspezifisch eingeführt: Der Kauf von Immobilien mit Bargeld soll verboten werden.

Umgesetzt werden diese Vorhaben nicht in der fernen Zukunft, sondern äußerst zeitnah. Zum einen hat im November 2021 die Vor-Ort-Prüfung Deutschlands durch die Financial Action Task Force (FATF) der OECD stattgefunden. „Mögliche Empfehlungen“ aus der Prüfung sind – in Form eines Berichtes – im Juli 2022 zu erwarten. Sie sollen laut Vereinbarung der Koalitionsparteien „zügig in deutsches Recht“ umgesetzt werden.

Zum anderen läuft aktuell auf EU-Ebene die bisher größte Grundsatzüberarbeitung des Regelwerks zur Bekämpfung von Geldwäsche. Die neue Bundesregierung unterstützt dabei die geplante Überführung der „zentralen Geldwäschevorschriften“ in eine EU-weit direkt anwendbare Verordnung. Gleichzeitig spricht sie sich für den Plan der Europäischen Kommission aus, eine unabhängige EU-Geldwäschebehörde einzurichten – wobei Frankfurt am Main als idealer Standort vorgeschlagen wird. Welche Änderungen im EU-Gesetzespaket noch vorgesehen sind und wo aktuell die Konfliktlinien verlaufen, haben Elisabeth von Reitzenstein und unser Brüsseler Büro in diesem Blogpost aufbereitet.

Welche Entscheiderinnen und Entscheider werden die Umsetzung dieser vielen Vorhaben nun prägen? An zentraler Stelle steht erneut das Bundesministerium der Finanzen, welches fachlich zuständig ist. Mit dem „Farbwechsel“ des Hauses hat sich auch die personelle Besetzung der politischen Posten geändert. In der Konsequenz ist mit Dr. Florian Toncar der vormalige stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion und Berichterstatter für Geldwäscheprävention zum Parlamentarischen Staatssekretär aufgestiegen. Auch in anderen Häusern gewinnt das Thema an Relevanz. Im nun grün-geführten Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz – welches neben dem Auswärtigen Amt die deutsche Europapolitik koordiniert – ist mit Sven Giegold ein ausgewiesener Experte auf dem Themengebiet Geldwäscheprävention zum Staatssekretär ernannt worden. Dieser Hintergrund wird sich auch in den Querschnittsfragen der Wirtschafts- und Europapolitik, welche Giegold nun verantwortet, niederschlagen.

Im Bundestag wird sich das finale Personaltableau mit der Aufteilung der Themenfelder auf Berichterstattende voraussichtlich im Januar 2022 konsolidieren. Bereits jetzt ist klar: Entscheiderinnen und Entscheider der vergangenen Legislatur haben an Gestaltungsmöglichkeiten gewonnen. Lisa Paus, welche für die Bundestagsfraktion der Grünen das Thema Geldwäscheprävention bearbeitet hat, ist nun zudem stellvertretende Fraktionsvorsitzende und leitet den Fachbereich 1 (Finanzen, Haushalt, Wirtschaft, Arbeit und Soziales). Christian Dürr, vormals Leiter des Arbeitskreises Haushalt und Finanzen der FDP-Bundestagsfraktion, ist zum neuen Vorsitzenden der Bundestagsfraktion gewählt worden. Bei der SPD zeichnet sich personelle Kontinuität ab: Dr. Jens Zimmermann ist erneut Mitglied des Finanzausschusses sowie des Ausschusses für Digitales.

Zusammengefasst: Die neue Bundesregierung kann sofort loslegen – und wird das angesichts bereits eingearbeiteter Entscheiderinnen und Entscheider auch tun. Gerade die kontinuierliche Verbesserung der Aufsicht und die Stärkung des Vollzugs sind Prioritäten, welche lange vor Verabschiedung der umfassenden EU-Reform angegangen werden können. Der im Sommer 2022 anstehende Bericht der FATF zu den Ergebnissen ihrer Deutschlandprüfung erhöht zudem den Handlungsdruck. Von der Umsetzung der Geldwäschepräventionsmaßnahmen betroffene Unternehmen müssen daher jetzt handeln, um ihre Anliegen in die Umsetzungsagenda der Politik einzubringen.

 

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