Gemeinsam mit dem Hamburger Tech-Unternehmen Wunder Mobility veröffentlichen wir einen monatlichen Mobility-Policy-Newsletter. Im Fokus stehen alle Fragen rund um das Thema Mobilität, Regulierung und Technologie. Auf unserem Blog veröffentlichen wir nun den nächsten Artikel zum Thema „Carsharing als Zukunft des motorisierten Individualverkehrs“.  


Geteilte Fortbewegung ist stärker gefragt als das klassische Eine-Person-ein-Auto-Modell

Carsharing gilt als wichtiger Baustein der Verkehrswende, welcher in den letzten Jahren einen Boom erfahren hat. Für Stunden, Tage, Wochen oder Monate sind von Kleinwagen bis zu Transportern Fahrzeuge anmietbar. Anbieter wie Share Now, MILES, WeShare, book-n-drive Sixt Share und viele weitere bieten in einem stetig weiterwachsenden Markt stationsbasiertes oder Carsharing im free-floating Modell an. Sie bringen zusätzliche Autos auf die Straße, um private Autos überflüssig zu machen.  

Das hat seine Vorteile: Der Fuhrpark der Anbieter wird ständig erneuert, die Fahrzeuge der Anbieter werden regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht, sie werden effizient genutzt und stehen nicht die durchschnittlichen 23 Stunden auf der Straße herum wie private Pkws. Je nach Größe der Organisation teilen sich im Durschnitt 15 bis 20 Nutzer ein Auto. Das spart gerade in engen Innenstädten Platz und auch ein Beitrag für den Umweltschutz wird durch Carsharing geleistet. Weil die Teilnehmenden ihr Fahrverhalten meist ändern und sich vor allem für Transporte sowie für mittlere und weite Fahrstrecken ein Auto ausleihen, geht insgesamt die Verkehrs- und somit auch die Umweltbelastung durch Lärm und Abgase zurück. 

Der Branchenverband Bundesverband Carsharing e.V. (BCS) rechnet vor, dass daher rund 80 Prozent der Carsharing-Nutzer auf ein eigenes Auto verzichten würden. Denn sie sind flexibel und können frei aus der Fahrzeugpalette des Anbieters auswählen: etwa am Montag einen Kleinwagen, am Mittwoch für den Einkauf im Baumarkt einen Transporter und für den Ausflug am Wochenende einen Roadster. Doch viele Carsharing-Unternehmen in Deutschland haben aktuell ihre Wachstumsgrenzen erreicht. Woran liegt das?  

Regulierung limitiert das Potenzial von Carsharing-Angeboten 

Das Bundes-Carsharing-Gesetzes (CsgG), das im Jahr 2017 explizit für die Förderung von Carsharing-Fahrzeugen aufgesetzt wurde, erlaubt es Deutschlands Kommunen, Privilegien beim Parken zu vergeben. Den örtlichen Straßenverkehrsbehörden wird die Möglichkeit eingeräumt, separate Parkflächen für Carsharing-Fahrzeuge auszuweisen und diese von Parkgebühren zu befreien. Carsharing-Anbietern die stationsbasiert arbeiten wird es zusätzlich im Rahmen eines wettbewerblichen Auswahlverfahrens, gestattet, Stellplätze an ausgewählten Standorten in den „öffentlichen Verkehrsraum“ zu verlegen. Bei der Auswahl werden Aspekte wie die Vernetzung mit dem öffentlichen Nahverkehr und der Klimaschutz berücksichtigt.  

Gesetze wie das CsgG und auch das Elektromobilitätsgesetz, das eine Bevorrechtigung von elektrischen Fahrzeugen im Straßenverkehr vorsieht, sind sinnvoll und sollten flächendeckend Anwendung finden, findet Nora Goette, Lead PR & Public Affairs bei MILES Mobility. Herausforderungen sieht das Unternehmen unter anderem bei folgenden Punkten:  

  1. Föderalismus und Bürokratie: Aktuell entscheidet jede Kommune mehr oder weniger eigenhändig, welche Bedingungen sie Carsharing-Anbietern bieten möchte. Dies, zusammen mit langandauernden bürokratischen Prozessen und fehlenden Verantwortungsbereichen, erschwert die Expansion und Weiterentwicklung kleinerer sowie großer Unternehmen. Das Unternehmen wünscht sich mehr Austauschbereitschaft und Miteinander.  
  2. Parken: Es braucht keine Subventionen, sondern Gleichberechtigung für Carsharing-Anbieter. Besonders für Anbieter die mit free-floating Systemen arbeiten, wären Parkpauschalen und somit eine Gleichbehandlung von privaten- und Sharing-Pkw wünschenswert. Einige Städte wie Hamburg oder München machen dies bereits gut vor, Berlin rechnet hingegen minutengenau mit Carsharing-Anbietern ab. 

Während einige Städte wie Hamburg und München sich dem Verkehrsbaustein Carsharing gegenüber offen positionieren und das Carsharinggesetz (CsgG) zur Förderung innovativer, umwelt- und klimafreundlicher Mobilitätslösungen nutzen, wird Carsharing in Berlin mit dem novellierten Berliner Straßengesetz Richtung 2022/23 stärker reguliert werden.  

Denn nicht alle Städte sind bisher zufrieden mit den Angeboten der Anbieter. Dies kann für die Business-Modelle vieler Anbieter schwere wirtschaftliche Konsequenzen mit sich bringen. Jüngst haben daher mehrere Carsharing-Vertreter die Politik aufgefordert, einen nationalen Entwicklungsplan Carsharing anzugehen und innerhalb von vier Jahren entsprechende Rahmenbedingungen setzen: Sharing solle das neue Leitbild für den motorisierten Individualverkehr werden. 

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