„69 Prozent der Deutschen wollen Nutri-Score-Ampel“, so veröffentlichte die Verbraucher-NGO foodwatch im August 2019 die Ergebnisse einer gemeinsam mit Partnerorganisationen beauftragten Umfrage. Sechs Wochen später entschied sich Ernährungsministerin Klöckner gegen das von ihr ursprünglich präferierte Nährwert-Modell und für den sogenannten Nutri-Score.

Umfragen können ein wirkungsstarkes Instrument der politischen Kommunikation sein. Sie sind längst nicht nur Regierungen, Medienhäusern oder großen Unternehmen vorbehalten. Auch für relativ kleines Geld, kann man sich bei einem der vielen Institute Zugriff auf passgenaue Informationen kaufen. Doch es gibt dabei einiges zu beachten, um nicht Schiffbruch zu erleiden. Was Umfragen leisten können, wie man sie am besten einsetzt und worauf man bei der Konzipierung einer Umfrage achten sollte, haben wir hier zusammengestellt.

Wenn Unternehmen, NGOs und Verbände Umfragen für ihre politische Arbeit nutzen, gibt es grundsätzlich drei Anwendungsfelder: Strategieentwicklung, Kampagnenplanung und Öffentlichkeitsarbeit.

Strategieentwicklung

Bei Befragungen zwecks Strategieentwicklung richtet sich der Fokus nach Innen. Die Ergebnisse werden nicht veröffentlicht, sondern dienen der Herleitung politisch-strategischer Ziele. Die Befragung – oftmals Zielgruppenbefragungen – zielt also darauf ab, herauszufinden, wie sich die eigenen Stakeholder zu einem politischen Sachverhalt positionieren, wie sie Stärken und Schwächen des Unternehmens oder des Verbands einschätzen und wo sie Prioritäten der künftigen Arbeit sehen.

Kampagnenplanung

Kampagnen sind immer Investments. Menschen mit viel Erfahrung bauen bei der Auswahl geeigneter Themen und Storytelling-Ansätze sicherlich auch auf das eigene Bauchgefühl. Weiter kommt allerdings, wer seine Kampagne basierend auf empirisch gesicherten Erkenntnissen entwickelt und möglichst nichts dem Zufall überlässt.

Ein Beispiel aus der Parteienwelt: Kurz vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2017 gaben 63 Prozent der Befragten an Rhein und Ruhr an, mit den Anstrengungen der rot-grünen Landesregierung bei der Bekämpfung von Kriminalität und Terror unzufrieden zu sein. Gleichzeitig waren 48 Prozent der Befragten der Meinung, die damals oppositionelle CDU wäre künftig am ehesten in der Lage, Kriminalität und Terror in NRW zu bekämpfen. Zurecht setzte die NRW-Union also im Wahlkampf auf das Thema Innere Sicherheit. Mit Wolfgang Bosbach gewann sie einen profilierten und anerkannten Sicherheitspolitiker, der das Feld authentisch besetzen konnte. Die Nachfrage nach mehr Sicherheit traf hier also auf das entsprechende Angebot.

Öffentlichkeitsarbeit

Es muss nicht immer gleich eine große Kampagne sein. Auch im Tagesgeschäft hilft eine gut platzierte Umfrage, um Themen auf die politische Tagesordnung zu setzen und Stakeholder auf Meinungen und Positionen bestimmter Bevölkerungsgruppen aufmerksam zu machen. Ein Verband kann sein Anliegen gegenüber der Politik oder den Medien um ein Vielfaches wirkungsmächtiger kommunizieren, wenn er darauf verweisen kann, dass ein Großteil der Bevölkerung oder der Berufstätigen einer bestimmten Branche sein Anliegen teilt.

„Traue keiner Umfrage, die du nicht selbst gefälscht hast“

Der Satz „traue keiner Umfrage, die du nicht selbst gefälscht hast“ ist bekannt, gehört aber an den Stammtisch. In der professionellen politischen Kommunikation gilt es, methodisch sauber zu arbeiten. Denn sonst gilt ein anderer Satz: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.“ Darum sollte man in der Vorbereitung und Kommunikation insbesondere auf die folgenden Punkte achten:

  • Methode
  • Frageformulierung
  • Veröffentlichung

Die Auswahl der Methode hängt vor allem von der zu befragenden Zielgruppe ab. Die Angestellten der deutschen Digitalwirtschaft sind sicherlich eher mit Hilfe eines Online-Panels zu befragen. Ältere Bevölkerungsgruppen erreicht man hingegen am besten über den Festnetzanschluss.

Mit der Frageformulierung steht und fällt das gesamte Umfrageprojekt. Eine Frage mit „Finden Sie nicht auch, dass…?“ einzuleiten ist plump und sorgt auf der Pressekonferenz für peinliche Fragen der Journalisten. Eine gute Frage berücksichtigt Pro- und Contra-Argumentationen und ist so formuliert, dass sie jedermann versteht.

Bei der Veröffentlichung sind Angaben über den Auftraggeber, die gewählte Methode, die Zielgruppe und den Erhebungszeitraum zu machen. Zudem sollte man sich für eine geeignete Form der Visualisierung entscheiden. Das Ergebnis sollte für jeden auf den ersten Blick intuitiv verständlich sein.

Werden diese und weitere Qualitätsmerkmale berücksichtigt, können Umfragen einen wertvollen Beitrag zur politischen Kommunikation liefern und helfen, die Themen des Verbands, Unternehmens oder NGO gegenüber der Öffentlichkeit oder der Politik bestmöglich zu positionieren.

Sie wollen sich ausführlicher mit dem „Thema Umfragen für die politische Kommunikation“ auseinandersetzen?

Dann registrieren Sie sich für unser Webinar am 23. April um 15 Uhr. Die Themen: Einsatzfelder (Strategieentwicklung, Agenda-Setting etc.), Methodenauswahl, die richtige Frageformulierung, Auswahl des richtigen Umfrageinstituts sowie Tipps zur Visualisierung der Ergebnisse.

Unser Kollege Dr. Florens Mayer, langjähriger Leiter des Berliner dimap-Büros, gibt Ihnen praxisnahe Hinweise, wie sie Umfragen bestmöglich für die Arbeit Ihrer Organisation einsetzen.

Spannende Umfragen greifen wir in unserem Newsletter auf. Deswegen nicht vergessen zu abonnieren: Expect the Unexpected – Der Newsletter der Bernstein Group

Dieser Artikel hat Ihnen gefallen?
Dann geben Sie uns gerne ein Feedback und liken oder teilen ihn via
Twitter und LinkedIn.