Gemeinsam mit dem Hamburger Tech-Unternehmen Wunder Mobility veröffentlichen wir einen monatlichen Mobility-Policy-Newsletter. Im Fokus stehen alle Fragen rund um das Thema Mobilität, Regulierung und Technologie. Auf unserem Blog veröffentlichen wir nun den nächsten Artikel aus dem Newsletter: Pünktlich zur Berliner Abgeordnetenhauswahl gaben wir Tino Schopf (SPD), Oliver Friederici (CDU), Harald Moritz (Bündnis 90/Die Grünen) und Henner Schmidt (FDP), allesamt verkehrspolitische Sprecher im Berliner Abgeordnetenhaus ihrer Fraktionen, die Möglichkeit die Verkehrspolitik der ablaufenden Legislaturperiode einzuordnen und gleichzeitig einen möglichen Ausblick auf die nächsten Jahre zu geben. Henner Schmidt konnte leider nicht teilnehmen.


Die Legislaturperiode neigt sich dem Ende zu. In weniger als zwei Wochen sind Wahlen zum Abgeordnetenhaus. Wie schauen die drei Experten auf den aktuellen Stand des Mobilitätsmix? Wo sehen sie die dringlichsten Verbesserungsmöglichkeiten?

Alle drei sind sich einig: Es ist einiges geschafft worden, aber Verbesserungsmöglichkeiten gibt es weiterhin mehr als genug.

Der ÖPNV müsse weiterhin ausgebaut und dessen Takt und Reichweite verdichtet werden. Für die Grünen hat dies soziale und ökologische Gründe: „So wird aus der ökologischen Wende auch eine soziale. Und so bieten wir auch den vielen Pendler*innen gute Möglichkeiten zum Umstieg“ vom Privat-Pkw (Harald Moritz, Bündnis 90/Die Grünen). Auch das Fahrrad sowie Radwege und Fahrradstraßen gelte es zu stärken. Klar ist speziell für SPD und Grüne, dass der Verbrenner seine „exklusive Stellung im Straßenverkehr einbüßen müssen wird“ (Tino Schopf, SPD), zumal der Autobesitz unter Berlinern sowieso weit unter dem Bundesdurchschnitt liegt (Harald Moritz, Bündnis 90/Die Grünen). Die CDU fordert weiterhin den viel diskutierten Ausbau der Bundesautobahn A100.

Die SPD bemängelt spezifisch die Geschwindigkeit, mit welcher verkehrspolitische Vorhaben in Berlin umgesetzt werden. Diese gilt es zu verbessern. „Berlin muss seine Verkehrsvorhaben wesentlich schneller umgesetzt bekommen, als es dies leider immer noch tut. Die Errichtung von Radschnellwegen wird frühestens in zwei Jahren beginnen. Auch aufgrund langer Planungsphasen, die unter anderem dadurch entstehen, dass Planungen immer wieder aufs Neue verworfen werden, wie beispielsweise beim Panke-Trail. Dies sind Verzögerungen, die wir uns nicht leisten dürfen“. Auch lägen viele Zuständigkeiten in der Verkehrspolitik beim Bund.

Mit der Abgeordnetenhauswahl vor der Tür: Wie wollen CDU, SPD und Bündnis 90/ Die Grünen diese Verbesserungsmöglichkeiten innerhalb der nächsten Legislaturperiode realisieren?

Für die CDU steht fest: „Es muss mehr finanzielle Mittel geben für den Erhalt und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur“. Auch Tino Schopf (SPD) bemängelt das Thema Finanzierung. Das sei in Teilen aber auch hausgemacht: Berlin sei bei den Fördermitteln des Bundes weitgehend leer ausgegangen, weil das Land keine Projektanträge eingereicht hatte „Es ist ärgerlich, wenn Gelder nicht abfließen. Bei der Straßenbahn sind Finanzmittel noch nicht zum Einsatz gekommen, weil die Strecken, die wir im Koalitionsvertrag festgelegt hatten, bisher noch nicht realisiert werden konnten“.

SPD und Grüne sind sich des Weiteren einig, dass der Ausbau des ÖPNV innerhalb der nächsten Legislaturperiode entscheidend sein wird. Hierfür fordern die Grünen für den gesamten ÖPNV einen Hauptstadttakt. Das bedeutet einen 5-Minuten-Takt in dicht besiedelten Gebieten und einen 10-Minuten-Takt in weniger dicht besiedelten Gebieten.  Auch hat die aktuelle Regierung das Personal für die Radverkehrsplanung von 3 auf 70 erhöht. So soll innerhalb der nächsten Legislaturperiode der Bau der ersten Radschnellverbindungen beginnen.

Welche verkehrspolitische Forderung darf im nächsten Koalitionsvertrag nicht fehlen?

Für die Grünen ist klar: „Der öffentliche Nahverkehr ist das Rückgrat der Verkehrswende. Wir müssen ihn in ganz Berlin und ins Umland hinein weiter ausbauen und fordern mit dem Hauptstadttakt eine Taktung von 5 bis maximal 10 Minuten in der ganzen Stadt“.

Auch Tino Schopf (SPD) argumentiert: „Für uns als SPD und für mich als Verkehrspolitiker ist es besonders wichtig den Aus- und Weiterbau des Berliner Schnellbahnnetzes voranzutreiben. Wir können es uns nicht leisten, die nächste Legislaturperiode wieder, ohne einen einzigen Planungsfortschritt im Bereich der U-Bahn zu machen“.

Die CDU verwies auf Ihren „Berlin-Plan“ und dessen avisierte Umsetzung.  In diesem steht Mobilität an zweiter Stelle nach Bildung und die Themen ÖPNV stärken, fahrrad- und fußgängerfreundliche Stadt, Verbesserung des Individualverkehrs und Smart City stehen im Vordergrund.

Welche politischen Steuermöglichkeiten sehen Sie bezüglich des Themas Emissionsminderung als besonders sinnvoll an?

Für die SPD gilt: „Die CO2-Emissionen senken, wo immer es geht. Das bedeutet konkret, dass das Auto mit Ottomotor auf lange Sicht nicht mehr den Stellenwert wird haben können, wie es ihn zurzeit besitzt. Wir müssen den ÖPNV priorisiert ausbauen, wo immer es geht. Die Zukunft der Mobilität liegt bei S-, U- und Straßenbahn, sowie E-Bus, gepaart mit sekundären Mobilitätsformen für „die letzte Meile“ wie beispielsweise Angeboten im E-Scooterbereich und Leihfahrrädern an gewissen Hubs. Das Car-Sharing-Modell kann diesen Mix ergänzen, gleichwohl nicht substituieren“.

Die Grünen gehen einen Schritt weiter, indem sie Verbrennermotoren bis 2030 aus der Innenstadt und bis 2035 aus ganz Berlin verschwinden lassen wollen. Die verbleibenden Fahrzeuge sollen emissionsfrei betrieben werden. Die Grünen unterstützen den Umstieg auf Elektrofahrzeuge und den Aufbau der Ladeinfrastruktur. Auch sollen die Parkraumbewirtschaftung in ganz Berlin ausgeweitet und Gebühren angehoben werden.

Für die CDU wiederum gilt „Angebote im Verkehr, statt Verbote“. Laut Friederici ist dies nur im Miteinander aller Verkehrsarten und Mobilitätsbedürfnisse möglich – nicht im Gegeneinander, so wie in den letzten fast 5 Jahren Berliner Verkehrspolitik bei SPD, Grünen und Linken.

Ein Blick auf die Elektromobilität: Wo sollte Berlin zum Ende der nächsten Legislaturperiode im Jahr 2026 stehen?

Laut Moritz soll Berlin Vorreiter der Elektromobilität werden – sowohl privat als auch im Wirtschaftsverkehr. „Damit Menschen klimafreundliche Elektromobilität auch nutzen, braucht es eine flächendeckende Infrastruktur“. Geht es nach den Grünen, werden bis in das Jahr 2030 jährlich 1000 weitere öffentlich zugängliche Ladepunkte in der Stadt, zusätzlich zu den vom Bund geförderten Schnellladehubs und den öffentlich zugänglichen privaten Ladeeinrichtungen, errichtet. Auch würde die Elektrifizierung der sogenannten letzten Meile im Wirtschaftsverkehr über lokale Hubs bis zur Haus- oder Ladentür gefördert werden sowie der Ausbau von Elektroanlegern für Binnen- und Fahrgastschiffe.

Die SPD sieht dies ähnlich und betont, dass die Politik Rahmenbedingungen schaffen müsse, um Elektromobilität zu fördern. Bis zum Jahr 2030 braucht es laut Schopf (SPD) 20.000 neue, öffentliche Ladepunkte.

Auch für die CDU gilt: „Die Ladeinfrastruktur muss deutlich verbessert werden in Berlin (und Brandenburg)“. Es braucht mehr Parkplätze und im öffentlichen Bereich eine effizientere Nutzung und Kontrolle der entsprechenden Ladepunkte (Parkplätze), laut Friederici (CDU).

  • Beitrag von Paula Böcken Deprecated: Function strftime() is deprecated in /mnt/web320/e2/23/59262923/htdocs/WordPress_02/wp-content/plugins/qtranslate-xt-3.12.1/qtranslate_date_time.php on line 145 Deprecated: Function strftime() is deprecated in /mnt/web320/e2/23/59262923/htdocs/WordPress_02/wp-content/plugins/qtranslate-xt-3.12.1/qtranslate_date_time.php on line 201 16.9.2021
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